Recruiting-Offensive für Bayerns Finanzverwaltung!

In der bayerischen Finanzverwaltung fehlen bis 2030 voraussichtlich rund 5.000 Fachkräfte. Das führt zu Engpässen in Finanzämtern – und besonders im Bereich der Betriebsprüfung. Dem Freistaat entgeht dadurch jede Menge Steuergeld. Seit Jahren spitzt sich die Personalsituation in der bayerischen Finanzverwaltung zu. Jetzt bleibt der Nachwuchs aus und gleichzeitig lockt die Privatwirtschaft mit guten Angeboten. Wir brauchen daher besser heute als morgen eine offensive Recruiting-Strategie für die bayerische Finanzverwaltung!

Mangelnder Nachwuchs und eine bevorstehende Pensionierungswelle werden die bereits heute unterbesetzten Finanzämter weiter fordern. Welche operativen Auswirkungen der Personalmangel hat, zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Unternehmens- und Umsatzsteuer. Trotz steigender Zahlen sind die besetzten Stellen in der Betriebsprüfung gesunken. Die Abstände zwischen den Betriebsprüfungen sind in allen Betriebsgrößenklassen immer weiter gestiegen. Die Söder-Regierung lässt im Bereich der Unternehmens- und Umsatzsteuer bares Geld auf der Straße liegen. Betriebsprüfungen sind neben dem Kampf gegen Steuerkriminalität ein elementarer Baustein für Steuermehreinnahmen auf Basis des geltenden Rechts.

Die Misere basiert auf Fehlentscheidungen der Vergangenheit: Bereits 2010 hätte die Regierung aus CSU und FDP mit einer Initiative zur Personalmehrung starten müssen, um heute eine jüngere Belegschaft in der Finanzverwaltung zu haben. Die demographische Entwicklung ist lange genug bekannt. Doch die Staatsregierung hat die Hände in den Schoß gelegt.

Die Probleme liegen auf der Hand:

  1. Fehlgesteuerte Personalpolitik in der bayerischen Finanzverwaltung

Trotz gestiegener Personalzahlen sind nach wie vor 1.500 Stellen in der bayerischen Finanzverwaltung nicht besetzt. Zusätzlich müssen bis 2030 3.854 Vollzeitstellen wegen Ruhestandseintritten ersetzt werden. Es fehlen also bis 2030 rund 5.000 Personen.

  1. Mangel an Nachwuchskräften

Rein rechnerisch könnten pro Jahr 840 Personen auf den vorhandenen Anwärterstellen ihre Ausbildung beenden. Doch die Zahl der Bewerbungen für eine Ausbildung in der Finanzverwaltung ist rückläufig. 2022 gab es nicht einmal so viele Bewerbungen wie Ausbildungsplätze. Die Durchfallquoten bei den Abschlussprüfungen steigen.

  1. Fluktuation und Wiederbesetzungssperre verhindern Personalmehrung

Hinzu kommt die Fluktuation – die Zahl derer die jedes Jahr die Finanzverwaltung verlassen, um in die Privatwirtschaft zu wechseln –, sowie die noch immer im Haushaltsgesetz verankerte Wiederbesetzungssperre (Art. 6 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2023). Das bedeutet, dass freiwerdende Planstellen erst drei Monate nach Ausscheiden einer Beamtin oder eines Beamten wieder besetzt werden dürfen. Das Halten der aktuelle Personaldecke ist im aktuellen System nicht machbar. Die Wiederbesetzungssperre ist völlig aus der Zeit gefallen: Die Behörden brauchen mehr neue Kräfte als auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Das Ziel sollte daher sein, möglichst viele Stellen zu besetzen und diese auch besetzt zu halten. Insbesondere mit Blick auf die bevorstehende Pensionierungswelle wäre es sinnvoll, neue Kräfte durch alte einzuarbeiten, Wissen weiterzugeben und nicht durch künstlich freigehaltene Stellen Wissen und Erfahrung einfach gehen zu lassen. Es ist geradezu unglaublich, dass so etwas im Jahr 2023 nicht längst Normalität in der Finanzverwaltung ist

Wir Grüne fordern daher eine Offensive zur Personalgewinnung.

Dafür sind folgende Maßnahmen notwendig:

  • Die Ausbildung muss attraktiver werden, dabei ist auch die Standortfrage relevant. Der Standort Herrsching muss für Südbayern erhalten bleiben.
  • Es braucht neue Wege der Personalgewinnung, etwa durch Quereinstieg (unter bestimmten Bedingungen).
  • Gezielterer Personaleinsatz: Schwerpunkt sollten komplexe Steuerfälle, Steuerfahndung und die Bekämpfung der Steuerkriminalität sein.
  • Die Besoldung muss aufgabengerecht und angemessen sein, ein umfassendes Gesamtkonzept ist nötig.
  • Abschaffung der Wiederbesetzungssperre und ein Mentoringprogramm zur Einarbeitung.

 

Sowie:

  • Automatisierung in der Abwicklung von einfachen Fällen im Bereich der Einkommensteuer. In dem Zusammenhang muss das bundesweite Steuer-IT-Projekt KONSENS dringend beschleunigt und die technische Ausstattung der Finanzverwaltung verbessert werden. 
  • Einsatz für ein vereinfachtes Steuerrecht: An einem vereinfachten Steuerrecht, das eine verstärkte Automatisierung erst möglich macht, führt auf Dauer kein Weg vorbei. Dies funktioniert nur als gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern.
  • Die Geldwäscheaufsicht sollte eindeutiger geregelt werden.

 

Quellen:

Personalausstattung der Finanzverwaltung I: Finanzämter, Betriebsprüfung

Personalausstattung der Finanzverwaltung II: Betriebsprüfungen, Umsatzsteuersonderprüfungen, Lohnsteueraußenprüfung

Personalausstattung der Finanzverwaltung III: Prüfung von Steuererklärungen/Einkommensteuerveranlagung

Personalausstattung der Finanzverwaltung IV: Steuerfahndung

Altersstruktur des Personals in der Finanzverwaltung

Schriftliche Anfragen vom 09.05.2018

Schriftliche Anfrage vom 06.07.2016

 

Sowie:

https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/infothek/jahrbuch-steuergerechtigkeit-2023/

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