Schriftliche Anfrage: Steuerprüfungen der bayerischen Finanzbehörden bei Einkommensmillionären

Die Anzahl der Personen mit hohem Einkommen, deren Steuern geprüft werden, nimmt nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) seit Jahren ab. Dabei sind
Steuerpflichtige gemeint, die gemäß § 147a Abgabenordnung (AO) in einem Kalenderjahr positive Überschusseinkünfte in Höhe von mindestens 500.000 Euro erzielt haben. Bereits im Jahr 2006 verwies der Bundesrechnungshof auf hohe Steuerausfälle, die durch zu geringe Prüfungsdichte in diesem Bereich entstanden. Diese Entwicklung führt zu schwankenden und teilweise deutlich verminderten Steuermehreinnahmen.
Das BMF verweist in dieser Sache auf die Landesfinanzbehörden, die für die Auswahlder Prüffälle und den entsprechenden Mittel- und Personaleinsatz verantwortlich sind.

Ich frage die Staatsregierung:

1.1 Wie viele Steuerpflichtige nach § 147a AO gibt es insgesamt in Bayern seit 2010 (bitte pro Jahr angeben)?
Die Zahl der Steuerpflichtigen nach § 147a AO im Zeitraum 2010 bis 2018 stellt sich wie folgt dar:

Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Bestand der Steuerpflichtigen nach §147a AO 2.707 2.707 2.707 2.517 2.517 2.517 3.130 3.130 3.130

 

Die Anzahl der Steuerpflichtigen wird alle drei Jahre im Rahmen der Einordnung der Betriebe in Betriebsgrößenklassen ermittelt. Aufgrund des Stichtagsprinzips werden Änderungen bei der Anzahl der Betriebe während dieses dreijährigen Zeitraums nicht berücksichtigt.

1.2 Wie viele Prüffälle bei Steuerpflichtigen nach § 147a AO gab es seit 2010 bis heute (bitte pro Jahr aufschlüsseln nach abgeschlossenen Prüfungen, Fällen mit Ergebnis, Fällen ohne Ergebnis und Angabe der Prüfungsquote)?
Wie alle Steuerpflichtige werden auch alle mit bedeutenden Einkommen (§ 147a AO) zunächst durch den Innendienst geprüft. Können die für die Besteuerung maßgeblichen Tatsachen nicht bereits an dieser Stelle zutreffend ermittelt werden, kommt zusätzlich auch eine Betriebsprüfung zur Aufklärung des Sachverhalts vor Ort infrage. Nicht alle Fälle i. S. d. § 147a AO sind prüfungswürdig, z.B. weil ein solcher Fall bereits mehrfach und ohne Beanstandungen geprüft wurde. Zudem ist mit Einführung der Abgeltungsteuer ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ein möglicher Prüfungsschwerpunkt in diesen Fällen entfallen. Stuft die Betriebsprüfung einen Steuerfall nach überschlägiger Prüfung als nicht prüfungswürdig ein, wird dieser qualifiziert vom Prüfungsplan abgesetzt.

Die Anzahl der abgeschlossenen Prüfungen und qualifizierten Absetzungen bei Steuerpflichtigen nach § 147a AO stellt sich für die Jahre 2010 bis 2018 wie folgt dar:
Anzahl der durchgeführten Prüfungen

Anzahl der durchgeführten Prüfungen 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Anzahl der qualifizierten Absetzungen 430 370 375 317 306 253 224 236 240
Ohne Ergebnis 40 59 77 38 37 48 42 49 44
Insgesamt 470 429 452 355 343 301 266 285 284
Anzahl der qualifizierten Absetzungen 231 244 198 207 171 150 130 167 159
Prüfquote

pro Jahr

(Anzahl Prüfungen zzgl.

qualifizierter Absetzungen

im Verhältnis zum

Gesamtbestand)

25,90% 24,86% 24,01% 22,33% 20,42% 17,92% 12,65% 14,44% 14,15%

 

Die Übersicht enthält lediglich eine jährliche Darstellung. Der durchschnittliche Prüfungsturnus und damit ein realistisches Bild ergeben sich jedoch erst aus einer mehrjährigen Betrachtung. Danach wurde in Bayern durchschnittlich jeder Fall nach § 147a AO alle sechs Jahre durch die Betriebsprüfung im Rahmen einer Außenprüfung geprüft oder qualifiziert abgesetzt. Für Fälle des § 147a AO wird auch auf Bund-Länder-Ebene ein sechsjähriger Prüfungsturnus für angemessen gehalten.

1.3 Wie hoch waren die durch Außenprüfung erzielten Mehreinkünfte und Zinsen pro Jahr seit 2010 bis heute (bitte pro Jahr nach finanziellem Volumen in Quantilen geordnet aufschlüsseln)?
Eine Aufschlüsselung nach finanziellem Volumen je Quantil ist nicht möglich, da die hierfür erforderlichen Grunddaten nicht vorliegen. Die erzielten Mehreinkünfte und Zinsen pro Jahr im Zeitraum 2010 bis 2018 stellen sich – in Euro – wie folgt dar:

Jahr 2010 2011 2012 2013
Mehreinkünfte 160.083.325 67.804.153 142.188.399 97.269.036
2014 2015 2016 2017 2018
71.812.074 138.051.540 48.552.006 85.162.958 107.595.541

 

2.1 Wie hoch ist die Anzahl der Innenprüfungen bei Steuerpflichtigen nach § 147a AO (bitte ab 2010 bis heute pro Jahr angeben)?
Die Finanzverwaltung setzt zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen ein automationsgestütztes Risikomanagementsystem (RMS) ein, welches die Voraussetzungen gemäß § 88 Abs. 5 AO erfüllt. Das eingesetzte RMS ist bundeseinheitlich gültig und prüft die eingehenden Steuererklärungen anhand verschiedener Prüfungsparameter auf ihren Risikogehalt. Diese Prüfungsparameter unterliegen dabei einer ständigen Evaluation und wurden im angeforderten Zeitraum (seit 2010) regelmäßig angepasst. Eine Unterscheidung nach Steuerpflichtigen i. S. d. § 147a AO wird nicht vorgenommen, da dies dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zuwiderlaufen würde.

Eine Aussage über die Anzahl der hier als „Innenprüfungen“ bezeichneten vorgenommenen Überprüfungen durch den Veranlagungsinnendienst bei Steuerpflichtigen i. S. d. § 147a AO (ab 2010) ist vor diesem Hintergrund nicht möglich.

2.2 Wie hoch ist die Anzahl der Außenprüfungen bei Steuerpflichtigen nach § 147a AO (bitte ab 2010 bis heute pro Jahr angeben)?
Es wird auf die Antwort zu Frage 1.2 verwiesen.

2.3 Wie viele Prüfungen werden von einer Steuerprüferin bzw. einem Steuerprüfer durchgeführt (bitte angeben mit arithmetischem Mittel und Median für durchgeführte Innen- bzw. Außenprüfungen pro Prüferin bzw. Prüfer pro Jahr von 2010 bis heute)?
Die Anzahl der vorhandenen Betriebsprüfer eines Jahres wird lediglich in einer Summe festgehalten. Eine Aufteilung auf die einzelnen Betriebsgrößenklassen (BGKl) wird nicht vorgenommen. Daher ist es nicht möglich, explizite Angaben zu den durchschnittlichen Prüfungen pro Betriebsprüfer zu machen, die Steuerpflichtige nach § 147a AO geprüft haben.

3.1 Welche Faktoren fließen in die Bewertung der Prüffälle nach Risikogesichtspunkten ein, nach denen die Fälle ausgewählt werden, die durch eine Außenprüferin bzw. einen Außenprüfer geprüft werden (bitte aufzählen mit Angabe des Grundes und der bisherigen aufgetretenen Häufigkeit pro Jahr seit 2010)?

3.2 Nach welchen Gesichtspunkten wurde die risikoorientierte Fallauswahl in den vergangenen neun Jahren bewertet?

3.3 Inwiefern wurde die risikoorientierte Fallauswahl in den vergangenen neun Jahren verändert?
Die Auswahl der zu prüfenden Fälle richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben und den Vorschriften der Betriebsprüfungsordnung. Die Fallauswahl erfolgt dabei vor allem anhand des
steuerlichen Risikos bestimmter Sachverhalte und Branchen im betreffenden Einzelfall. Großbetriebe werden dem Grunde nach für jeden Veranlagungszeitraum geprüft. Weitere Prüfungsanlässe können sich z.B. aus Meldungen des Innendienstes, Erfahrungen aus vorangegangenen Betriebsprüfungen wie auch Kontrollmitteilungen ergeben. Auch die Bewertung möglicherweise gegebener Risikogesichtspunkte unterliegt dem fortschreitenden Wandel der Zeit und ist dabei den jeweiligen aktuellen Rahmenbedingungen anzupassen.

4.1 In wie vielen Fällen handelte es sich um Steuerprüfungen, bei denen eine Verbindung von natürlichen Personen und gewerblichen Betrieben besteht (bitte angeben pro Jahr seit 2010)?
In vielen Fällen stehen Steuerpflichtige nach § 147a AO in Verbindung mit einem gewerblichen Großbetrieb z.B. als Gesellschafter einer Personengesellschaft oder als Gesellschafter-Geschäftsführer einer großen Kapitalgesellschaft. Die Überprüfung der Beteiligten erfolgt dann im Rahmen der Außenprüfung des Unternehmens. Diese Fälle werden in der Statistik nicht bei den Fällen mit besonderen Einkünften erfasst. Weitergehende Aufzeichnungen hierüber werden jedoch nicht geführt.

4.2 Wie viele Veranlagungszeiträume wurden in diesen Prüfungen entsprechend Frage 4.1 von 2010 bis heute jeweils im Durchschnitt geprüft (bitte gegliedert nach Größenklassen und Jahren)?
Wie in der Antwort zu Frage 4.1 ausgeführt, werden hierüber keine Aufzeichnungen
geführt.