Schriftliche Anfrage: Wirecard als Zahlungsabwickler für Online-Glückspielangebote

Gemeinsam mit meinem Kollegen Ludwig Hartmann, befragte ich am 09.11.2020 die Staatsregierung bezüglich Wirecard als Zahlungsabwickler für Online-Glückspielangebote. Unsere Fragen wurden am 22.12.2020 von dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie im Einvernehmen mit der Staatskanzlei und den Ressorts beantwortet:

Unsere Vorbemerkung:
Wirecard soll sich in mehreren Bundesländern seit 2017 als zentraler Zahlungsabwickler für legale Online-Glückspielangebote angeboten haben. In diesem Zusammenhang soll es am 20.11.2019 ein Gespräch in der Bayerischen Staatskanzlei und im März 2018 mit dem bayerischen LKA gegeben haben.

Vorbemerkung des Ministeriums:
Es wird davon ausgegangen, dass sich der Begriff „Bayerische Staatsregierung“ auf die obersten Dienstbehörden bezieht, und die Fragesteller unter „Vertretern der Bayerischen Staatsregierung“ die Mitglieder der Staatsregierung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 BV meinen.
Außerdem bezieht sich die Beantwortung aller Fragen vor dem Hintergrund des lan
ge zurückliegenden Zeitraums und der mit unverhältnismäßigem Aufwand verbundenen vollständigen Recherche lediglich auf die 18. Legislaturperiode (bis heute).
Sofern nach Treffen u. a. der Staatsregierung mit Vertretern der Wirecard AG gefragt
wird, wird die Frage dahingehend ausgelegt, dass nur nach Treffen gefragt wird, bei denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens Wirecard AG im Rahmen ihrer Tätigkeit für dieses Unternehmen und nach außen hin erkennbar teilgenommen haben. Etwaige zufällige Begegnungen zwischen Kabinettsmitgliedern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wirecard AG – insbesondere bei Veranstaltungen Dritter – wären folglich nicht umfasst.

Wir fragen die Staatsregierung:

1. a) In welcher Höhe hat Wirecard Steuern entrichtet?

Es wird auf die Antwort zur Frage 3.2 mit Verweis auf die Absätze 3 bis 5 der Antwort zu den Fragen 2.2 und. 2.3 der Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Tim Pargent, Claudia Köhler, Barbara Fuchs, Toni Schuberl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu „Steuerzahlungen von Wirecard in Bayern“ Drucksache 18/9765 vom 06.11.2020 verwiesen:
Hinsichtlich des konkreten steuerlichen Bezugs zur Wirecard AG und zu sonstigen
Konzerngesellschaften steht der Beantwortung der Teilfrage das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen.
Juristischen Personen des Privatrechts steht, ebenso wie natürlichen Personen, ein
innerer Bereich des Geheimschutzes zu, der unter einen besonderen Schutz fällt und in den nur unter besonderen Voraussetzungen eingegriffen werden darf. Dieser Schutz erstreckt sich dabei nicht nur auf die unmittelbar für die Besteuerung relevanten Tatsachen, sondern auf alle „Verhältnisse“ eines Steuerpflichtigen, die das Besteuerungsverfahren betreffen bzw. dort bekannt geworden sind. Dazu gehören nicht nur die konkreten steuerlich relevanten Vorgänge sowie die daraus folgenden Steuerbescheide, sondern insbesondere auch die Antwort auf die Frage, welches Finanzamt örtlich zuständig ist.
Die dem parlamentarischen Fragerecht durch die verfassungsrechtlich geschützten
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gesetzten Grenzen (Art. 101 Bayerische Verfassung – BV) sind daher zu berücksichtigen.
Die gebotene Abwägung zwischen Informationsrecht und grundsätzlich geschütz
tem Persönlichkeitsrecht, auf das sich auch die Wirecard AG und deren Konzerngesellschaften als juristische Personen des Privatrechts berufen können, rechtfertigt keine Offenbarung der steuerlichen Verhältnisse. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse dies erfordert. Im vorliegenden Fall liegt zum aktuellen Zeitpunkt jedoch weder eine Gefährdung des Gemeinwohls noch der öffentlichen Sicherheit vor, die eine Offenbarung rechtfertigen würden. Insbesondere können allein die Betriebsgröße der Steuerpflichtigen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen der
Insolvenz noch nicht zu einem überwiegenden parlamentarischen Interesse und damit
zur Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung führen.
Neben dem laufenden Besteuerungsverfahren sind insbesondere auch die laufen
den strafrechtlichen Ermittlungen zu beachten, die so wenig wie möglich beeinträchtigt werden dürfen.

b) Welche Maßnahmen hat die zuständige Schwerpunktregierung Niederbayern mit Blick auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) durch die Wirecard AG seit 2005 ergriffen?

Die Regierung von Niederbayern ist nicht die zuständige Aufsichtsbehörde für die Wirecard AG. Nach den vorliegenden Informationen lag die Haupttätigkeit der Wirecard AG laut deren Eintragung im Handelsregister, deren Satzung und den Darstellungen in aktuellen Geschäftsberichten im Angebot von Lösungen, Produkten und Dienstleistungen für den elektronischen Zahlungsverkehr, speziell des Risikomanagements im Zusammenhang mit dem Einsatz von Kreditkarten.
Da die Haupttätigkeit nicht im Erwerb, Halten und Veräußern von Beteiligungen lag,
kam die Regierung von Niederbayern zu der Bewertung, dass es sich bei der Wirecard AG nicht um ein Finanzunternehmen i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 6 GwG i. V. m. § 1 Abs. 24 Satz 1 GwG handelt.

c) Wie hat die Schwerpunktregierung Niederbayern auf etwaige in dieser Zeit eingegangene Verdachtsmeldungen gegen Wirecard reagiert?

Bei der Regierung von Niederbayern sind im Sinne der Fragestellung keine Verdachtsmeldungen eingegangen. Die Entgegennahme und Analyse von Verdachtsmeldungen zur Aufklärung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist im Übrigen nicht Aufgabe der Regierung von Niederbayern (vgl. § 32 Absatz 3 GwG).

2. a) Welche Treffen gab es von Wirecard-Verantwortlichen (insbesondere Vorstandsmitgliedern) mit Vertretern der Staatsregierung im Zeitraum 2015 bis 2020?

b) Was war jeweils der Anlass für jedes einzelne Treffen?

c) Worum ging es bei jedem einzelnen dieser Treffen?

Es wird auf die Antwort zu Frage 1 a der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Helmut Kaltenhauser FDP zu „Wirecard (1)“ Drucksache 18/10003 vom 20.10.2020 verwiesen.

3. a) Hat die Staatsregierung Wirecard finanziell oder in anderer Weise unterstützt?

b) Hat der Konzern beispielsweise Mittel der LfA erhalten?

c) Falls ja, in welcher Höhe?

Staatsministerium der Justiz
Das Staatsministerium der Justiz erstattet Fehlanzeige.

Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration
Für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration
kann für das staatliche Kassenwesen eine geschäftliche Beziehung zu Wirecard ausgeschlossen werden. Auch hinsichtlich einer finanziellen Förderung von Wirecard wird Fehlanzeige erstattet.

Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
Die Wirecard AG inkl. Tochterunternehmen und/oder die Wirecard Bank AG haben weder
Wirtschaftsförderung in Form von Bürgschaften oder Förderdarlehen der LfA Förderbank Bayern noch Mittel aus der Regionalförderung des StMWi erhalten.

4. Hat es in den vergangenen fünf Jahren standortpolitischen Maßnahmen zugunsten der Wirecard AG gegeben?

Nein.

5. Nutzten seit 2015 bayerische Behörden Dienstleistungen des Wirecard-Konzerns, insbesondere für die Abwicklung von Zahlungen?

Staatsministerium der Justiz
Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz (StMJ) wurden im genannten

Zeitraum keine Geschäftsbeziehungen zur Wirecard AG oder einer ihrer Tochtergesell
schaften unterhalten. Die Tochterunternehmen Wirecard Bank AG und die Wirecard Retail Services GmbH treten lediglich für Dritte bei Zahlungsabwicklungen im Rahmen der hiesigen Kosteneinziehung bzw. Kostenrückzahlung bei der Begleichung gesetzlicher Gebühren bzw. Vergütungsansprüche in staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Verfahren auf. Hierbei wird jedoch keine Dienstleistung des Wirecard-Konzerns durch die staatlichen Kosteneinziehungsstellen in Anspruch genommen. Vielmehr nehmen insoweit die Kostenschuldner Leistungen von Wirecard zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der Staatskasse in Anspruch.

Staatsministerium der Finanzen und für Heimat
Die Bayerischen Spielbanken hatten in den Jahren 2013 bis 2018 eine Geschäfts
beziehung zur Firma Paymill, die ihre Transaktionen (auch) über die Wirecard Bank AG abwickelte. Das Auftragsvolumen für Acquiring-Geschäfte war sehr gering und betrug insgesamt im genannten Zeitraum ca. 3.400 Euro. Die Verträge wurden 2018 gekündigt.
Alle anderen Ressorts nahmen keine Dienstleistung von Wirecard in Anspruch.

6. a) Was war der Inhalt eines Gesprächs am 20. November 2019 in der Bayerischen Staatskanzlei mit den Wirecard-Managern Alexander von Knoop und Burkhard Ley?

Auf die Antwort zum Fragenkomplex 2 (Fragen 2 a bis 2 c) wird verwiesen.
Weiterhin wird auf die Antwort zur Frage 1.1 bis 2.1 der Schriftlichen Anfrage der Ab
geordneten Tim Pargent, Claudia Köhler, Barbara Fuchs, Toni Schuberl BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu „Steuerzahlungen von Wirecard in Bayern“ Drucksache 18/9765 vom 06.11.2020 verwiesen.

b) Wurde bei diesem Treffen auch über den neuen Glücksspiel-Staatsvertrag geredet?

Nein, der Glücksspielstaatsvertrag war nicht Thema des Gesprächs am 20. November 2019. Zum weiteren Inhalt des Gesprächs wird auf Frage 6 a verwiesen.

c) Welche Treffen zwischen Verantwortlichen der Wirecard AG und/oder Wirecard Bank mit Vertretern der Staatsregierung gab es zum Thema Online-Glücksspiele?

Es fanden keine Treffen statt.

7. a) Wer nahm an dem eingangs erwähnten Gespräch mit dem LKA im März 2018 teil?

b) Was war der Anlass für dieses Gespräch?

c) Ist es richtig, dass es bei diesem Treffen um Geldwäsche- und Betrugsprävention ging?

Es wird auf die Antwort zu Frage 2 der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Martin Runge BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu „Wirecard (V)“ Drucksache 18/10120 vom 13.11.2020 verwiesen.