Schriftliche Anfrage: Staatliche Unterstützung beim Wiederaufbau des Lebenswerks der Diakonie Bayreuth

Am 17.11.2023 befragte ich die Staatsregierung bezüglich der staatlichen Unterstützung beim Wiederaufbau des Lebenswerks der Diakonie Bayreuth. Meine Fragen wurden am 12.12.2023 von dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales beantwortet:

Die Staatsregierung wird gefragt:

1.1 Welche Informationen liegen der Staatsregierung über den Brand der Produktionsstätten des Lebenswerks der Diakonie Bayreuth in 2020 vor?

Im August 2020 zerstörte ein Brand Teile der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) Bayreuth (insbesondere Verwaltung, Speisesaal, Küche, Ruheraum – den sog. „Kopfbau“ des Hauptgebäudes). Im Untergeschoss dieses Gebäudeteils befanden sich zwölf Förderstättenplätze. Träger der WfbM ist die Lebenswerk gGmbH. Die Umsetzung der mittelfristig geplanten Modernisierung der WfbM sowie die Erweiterung der sich anschließenden Förderstätte wurden aufgrund des Brandes und des dadurch erforderlichen Wiederaufbaus vorgezogen und erhielten oberste Priorität.

1.2 War und ist die Staatsregierung seit 2020 im Austausch mit der Diakonie, der Stadt Bayreuth oder weiteren Akteuren bezüglich des Wiederaufbaus der Produktionsstätten?

Die Staatsregierung ist im Austausch mit dem Träger. Es haben Gespräche zwischen dem Träger, dem Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) und dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) stattgefunden. Seit April 2023 gab es weder vom Träger der WfbM noch von der Diakonie Bayreuth Kontakt zum ZBFS oder dem StMAS.

1.3 Welche Anstrengungen unternimmt die Staatsregierung zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Produktionsstätte?

Da der Freistaat Bayern auf freiwilliger Basis Investitionskosten von WfbM fördern kann, wurde mit Zuwendungsbescheid des ZBFS vom 19. August 2022 seitens des Freistaates Bayern nach Abzug der Versicherungsleistung der Brandversicherung eine Zuwendung in Höhe von 3.250.500 Euro für den Ersatzneubau (Kopfbau) bewilligt.

2.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass für den Wiederaufbau eine Finanzierungslücke von rund 5 Mio. Euro besteht?

Dies wurde der Staatsregierung durch den Träger mit E-Mail vom 19. Juli 2023 mitgeteilt.

2.2 Plant die Staatsregierung, das Lebenswerk Bayreuth aufgrund der Finanzierungslücke von rund 5 Mio. Euro zu unterstützen, damit die Diakonie Bayreuth weiterhin dieser staatlichen Pflichtaufgabe nach kommen kann?

Nein.

2.3 Wenn nein, wie begründet das die Staatsregierung?

Folgende Gründe stehen der begehrten Nachfinanzierung insbesondere entgegen:

– Der Zuwendungsbescheid zum Neubau des Kopfbaus vom 19. August 2022 enthält in Ziffer 5 den Zusatz: „Eine Nachfinanzierung ist ausgeschlossen.“ Dieser Ausschluss einer Nachfinanzierung entspricht der Verwaltungspraxis in Bayern, sodass aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes von diesem Grundsatz auch nicht abgewichen werden kann.
– Die vom Träger geltend gemachte Kostensteigerung ergibt sich zum einen aus der Entwicklung des Baupreisindex und zum anderen ist sie zu einem geringen Anteil dem Umstand geschuldet, dass Maßnahmen umgesetzt werden sollen, die zum Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht absehbar waren. Entsprechend der bisherigen Vorgaben zur Nachfinanzierung begründen bzw. ermöglichen diese Sachverhalte keine Aufstockung der Förderung. Dies wurde durch das StMAS mit Schreiben vom 17. Januar 2023, Az. StMAS-II1/6434.01/126 (gerichtet an die Bezirksregierungen in Bayern, die Landeshauptstadt München, die Städte Augsburg und Nürnberg, das ZBFS Inklusionsamt in Bayreuth sowie das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr in München), welches zwar in Bezug auf Förderstätten erging, aber ebenso auf die WfbM-Förderung Anwendung findet, nochmals bekräftigt.
– Da die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel des Freistaates keinen Spielraum für unkalkulierbare Nachfinanzierungen zulassen, hat das damalige Staatsministerium der Finanzen bereits mit Schreiben vom 5. Juni 1989 klargestellt, dass der für die Verwendung von Fördermitteln geltende Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 Abs. 1 Bayerische Haushaltsordnung – BayHO) es gebiete, mit den verfügbaren Mitteln das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Dies werde dann erreicht, wenn mit möglichst geringem Mitteleinsatz im Einzelfall eine größtmögliche Zahl von Förderfällen bedient werde. Die Priorität bei der Verwendung der begrenzten Fördermittel müsse daher bei der Förderung neuer Fälle und nicht der bestmöglichen Nachförderung bereits geförderter Fälle liegen.
– Mit einer Finanzierungsbeteiligung in Höhe von 93 Prozent der (von der Versicherung nicht abgedeckten) förderfähigen Kosten trägt der Freistaat Bayern bereits, wie in vielen gleichartigen Förderfällen, den Hauptanteil der Förderung.
– Mit dieser freiwilligen Leistung unterstützt der Freistaat Bayern den Bezirk Oberfranken, der für die Schaffung einer bedarfsgerechten und ausreichenden Infrastruktur in der Region Oberfranken sachlich zuständig ist. Die gesetzliche Verpflichtung, eine bedarfsgerechte Infrastruktur bereitzustellen, verbleibt aber bei dem Bezirk. Der Anteil des Bezirkes beträgt aufgrund des großzügigen Landeszuschusses lediglich 7 Prozent.
– Die Preissteigerungen im Baubereich bzw. die ursprünglich nicht vorhersehbaren Kosten können von den Einrichtungsträgern ggf. bei den Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen (§ 125 Sozialgesetzbuch [SGB] Neuntes Buch [IX]) gegenüber dem für die Eingliederungshilfe primär zuständigen Bezirk angeführt und mit ihm verhandelt werden.
– Da für den Bauabschnitt „Modernisierung“ bisher seitens des Trägers noch keine Antragstellung erfolgt ist und daher auch noch kein Bewilligungsbescheid vorliegt, könnte – bei Vorlage entsprechender Antragsunterlagen und Berücksichtigung einer höheren Kostenobergrenze – für diesen Bauabschnitt eine höhere Förderung als ursprünglich berechnet in Betracht kommen. Eine entsprechende Kontaktaufnahme des Trägers mit dem ZBFS ist daher anzuraten.

3.1 Sind andere Werkstätten für Menschen mit Behinderung im Freistaat in den vergangenen zehn Jahren durch ähnliche Ursachen (Brand, Flut, höhere Gewalt etc.) zerstört wurden?

Nein.

3.2 Wenn ja, welche waren das (bitte nach Jahren aufgeschlüsselt tabellarisch auflisten)?

Siehe Antwort zu Frage 3.1.

3.3 Wenn ja, wurde in diesem Fall eine Sonderförderung oder Vergleichbares gewährt (bitte tabellarisch auflisten)?

Siehe Antwort zu Frage 3.1.

4. Wurden in den vergangenen zehn Jahren einzelne Werkstätten für Menschen mit Behinderung in besonderem Ausmaß unterstützt?

Die Förderungen entsprachen den Vorgaben der einschlägigen Förderrichtlinie.

5.1 Welche Werkstätten für Menschen mit Behinderung haben in den vergangenen fünf Jahren Mittel des ZBFS-Inklusionsamts erhalten (bitte unter Angabe des Jahres, der Förderhöhe, der Einrichtung, des Landkreises bzw. kreisfreien Stadt und des Regierungsbezirks)?

Eine entsprechend der Fragestellung detaillierte Aufgliederung liegt der Staatsregierung nicht vor und könnte nur mit unverhältnismäßig hohem Verwaltungsaufwand erstellt werden. Zudem würden die berechtigten Interessen und datenschutzrechtliche Belange der Träger einer Weitergabe der trägerbezogenen Daten entgegenstehen. In den Jahren 2022 und 2023 stand bzw. steht zusätzlich zur Ausgleichsabgabe für die investive Förderung von WfbM das Sonderinvestitionsprogramm Corona – Zuschüsse für Investitionen an Sonstige (Maßnahmen für Menschen mit Behinderung) zur Verfügung. In folgender Übersicht sind die den jeweiligen Inklusionsämtern zuzuordnenden Förderleistungen ersichtlich, soweit sie den Regionalstellen des ZBFS vorliegen und ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand dargestellt werden können:

5.2 Gibt es mit Blick auf Frage 5.1 einzelne Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die in einem besonders hohen Umfang gefördert wurden?

Fälle von Förderungen, die in besonders hohem Umfang von der Förderrichtlinie abgewichen sind, gab es in dem genannten Zeitraum nicht.

5.3 Wenn ja, aus welchem Grund?

Siehe Antwort zu Frage 5.2.