Schriftliche Anfrage: Neubau Staatsarchiv in Kitzingen – Zeitplan und Kosten

Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen Kerstin Celina und Claudia Köhler, befragte ich am 01.07.2021 die Staatsregierung bezüglich des Neubaus des Staatsarchiv in Kitzingen. Unsere Fragen wurden am 03.08.2021 von dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst in Abstimmung mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat sowie dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr beantwortet:

Unsere Vorbemerkung:
Die Entscheidung über die Verlagerung des Staatsarchivs Würzburg erfolgte zusammen mit bayernweiten Dienststellenverlagerungen. Am 04.03.2015 hat das Kabinett die Entscheidung getroffen, das Staatsarchiv von Würzburg nach Kitzingen zu verlagern.
Nach teils erfolglosen Prüfungen mehrerer potenzieller Standorte auf die erforderliche
Beschaffenheit für die komplexen Anforderungen für ein Archivgebäude durch die Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) fiel die Entscheidung auf das sog. Deuster-Areal und im Juli 2017 erwarb die Staatsregierung eine Teilfläche für den Neubau. Trotz fachlicher und fraktionsübergreifender Kritik und Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Verlagerung einer mehr kulturellen als behördlichen Einrichtung wurde das Projekt vorangetrieben.
Zentraler Kritikpunkt der Fachwelt ist die Entfernung zu anderen Archiven und For
schungseinrichtungen in Würzburg. Der Bund der Steuerzahler führte das Projekt als einen von neun bayerischen Fällen im „Schwarzbuch“ des Jahres 2019 auf und stellte die Verhältnismäßigkeit der Kosten von 63,5 Mio. Euro zu den erhofften positiven Effekten durch die geringe Anzahl an zusätzlichen Arbeitsplätzen für die Zielregion Kitzingen infrage. Das Projekt Staatsarchivverlagerung hat negative Konsequenzen für den Wissenschaftsstandort Würzburg, kaum positive Effekte für Kitzingen und kostet viel Geld.

Wir fragen die Staatsregierung:

1.1 Wie ist der aktuelle Stand beim geplanten Neubau des Staatsarchivs in Kitzingen?

1.2 Welche zur Umsetzung der Planung notwendigen Beschlüsse für den Neubau in Kitzingen wurden in den dafür zuständigen Gremien getroffen?

Am 19.05.2021 erteilte der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Landtages in nichtöffentlicher Sitzung die Freigabe zur Fortsetzung der Planung für die Maßnahme zum Neubau eines Archivgebäudes in Kitzingen. In der gleichen Sitzung erteilte der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Landtages zudem die Zustimmung zur Veröffentlichung der Ausschreibung für die Vergabe an einen Totalunternehmer. Mit Schreiben vom 26.05.2021 veranlasste das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst den Auftrag zur Weiterführung der Projektplanung. Das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr erteilte daraufhin mit Schreiben vom 17.06.2021 dem Staatlichen Bauamt Würzburg über die Regierung von Unterfranken den Auftrag zur Projektplanung.

1.3 Wie ist der aktuelle Zeitplan bis zur Fertigstellung des geplanten Neubaus (bitte einzelne Planungsschritte angeben)?

Der aktuelle Rahmenterminplan sieht bis zur Fertigstellung des geplanten Archivneubaus in Kitzingen nach aktuellem Stand folgende wesentliche Projektschritte vor:

1. Teilbaumaßnahme Baufeldfreimachung:
– Vorlage der Projektplanung zur haushaltsrechtlichen Genehmigung in der Sitzung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen des Landtags am 30.09.2021;
– Durchführung der Vergabeverfahren und Bauleistungen zwischen November 2021 und November 2022.

2. Teilbaumaßnahme Totalunternehmerleistung für den Neubau Archivgebäude:
– Erstellen der Funktionalen Leistungsbeschreibung bis November 2021;
– Vergabeverfahren Totalunternehmerleistung bis September 2022;
– Vorlage der Projektplanung auf Basis der geprüften und gewerteten Totalunternehmerangebote zur haushaltsrechtlichen Genehmigung im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Landtags im Oktober 2022;
– Leistungserbringung Planungs- und Bauleistungen Totalunternehmer von Januar 2023 bis November 2025;
– Übergabe an den Nutzer im Dezember 2025.

2.1 Wie setzen sich die Gesamtkosten nach den neuesten Erkenntnissen für den Neubau zusammen?

Die Gesamtkosten und deren Zusammensetzung wurden dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen im Landtag am 19.05.2021 in nichtöffentlicher Sitzung zur Freigabe vorgelegt, damit sichergestellt ist, dass die Bieter für die Totalunternehmerleistung nicht die staatsintern kalkulierten Schätzkosten erfahren können und so ein erforderlicher Wettbewerb womöglich verhindert wird. Die Gesamtkosten setzen sich zusammen aus Kosten für eine vorgezogene erste Teilbaumaßnahme zur vorbereitenden Baufeldfreimachung sowie aus Kosten für die darauf folgende Erstellung des Archivneubaus im Zuge einer Totalunternehmerleistung. Für beide Teilbaumaßnahmen sind dabei neben den ermittelten Baukosten entsprechend den Richtlinien für die Durchführung von Hochbauaufgaben des Freistaates Bayern (RLBau 2020) auch Kostenansätze für prognostizierte Baupreissteigerungen und für prognostizierte Kosten aus möglichen projektspezifischen Risiken mitberücksichtigt.

2.2 Wie rechtfertigt die Staatsregierung die hohen Kosten für eine kleine Belegschaft von ca. 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?

2.3 Welchen messbaren strukturellen Effekt erwartet die Staatsregierung in Kitzingen durch die Verlagerung von ca. 20 Arbeitsplätzen?

Der Neubau des Staatsarchivs in Kitzingen erfolgt im Rahmen der Heimatstrategie und verfolgt das Ziel, ländlich geprägte Räume zu stärken. Dies geschieht zum einen durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen, zum anderen wird durch die Schaffung eines attraktiven Archivneubaus mit einem Besucherzentrum sowie Ausstellungs- und Vortragsräumen für die Stadt Kitzingen ein erheblicher Mehrwert geschaffen. Das Staatsarchiv, das über bedeutende Archivalien und historische Dokumente verfügt und damit als historisches Gedächtnis des Bezirks Unterfranken fungiert, wird zahlreiche Besucherinnen und Besucher, die das Archiv für wissenschaftliche, heimatkundliche, familienhistorische, rechtliche, publizistische und andere Zwecke nutzen oder kulturelle Veranstaltungen wie Ausstellungen und Vorträge besuchen werden, anziehen und so zu einer Belebung und kulturellen Bereicherung der Stadt beitragen.

3. Welche Gründe sind konkret für die massive Kostensteigerung zwischen der ersten Planung und den aktuellen Kostenschätzungen ausschlaggebend?

Der Kostenrahmen auf Basis des Raumprogramms zum genehmigten Bauantrag nach alter RLBau 2011 (also Baukosten ohne Ansätze für Index- und Risikokostenvorsorge) wurde zum Baupreisindexstand viertes Quartal 2017 mit rund 63,5 Mio. Euro ermittelt.
Der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Landtags hat in seiner nichtöffentlichen Sitzung am 19.05.2021 die zugehörige Projektunterlage freigegeben.
Unter Berücksichtigung der gemäß neuer RLBau 2020 zu veranschlagenden Indexund Risikokostenansätze wird der mit dem Bauantrag genehmigte Kostenrahmen nicht überschritten.
Vor dem genehmigten Bauantrag herangezogene Kostenprognosen basierten – noch ohne Raum- und Funktionsprogramm sowie zugehörige Fachplanung – lediglich auf überschlägigen Erfahrungswerten, abgeleitet von anderen Archivbauten.
Insofern kann nicht von Kostensteigerungen im Planungsprozess gesprochen werden.

4.1 In welcher Höhe wurden bislang bereits finanzielle Mittel im Haushalt des Freistaates für 2021 bereitgestellt (bitte Maßnahmen genau auflisten)?

Für den Neubau eines Archivgebäudes in Kitzingen sind in der Anl. S des Epl. 15 im Haushaltsjahr 2021 1.000,0 Tsd. Euro veranschlagt, die bei Bedarf im Rahmen der nach 1.3 DBestHG gegebenen Deckungsfähigkeit innerhalb der Anlage S verstärkt werden können.

4.2 In welcher Höhe fallen für die einzelnen Planungs- und Bauabschnitte in den nächsten Jahren bis zur geplanten Fertigstellung Kosten an?

Nach der aktuellen Bedarfsprognose sind in der mittelfristigen Finanzplanung von 2022 bis 2026 Jahresraten zwischen 6 und 22 Mio. Euro eingeplant.

4.3 In welcher maximalen Höhe ist die Staatsregierung bereit, Kosten für dieses Projekt zu übernehmen, damit das erwartete Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt?

Bei der Ermittlung der Gesamtkosten wurden zu erwartende Baukostensteigerungen und besondere Risikokosten berücksichtigt (siehe Antwort zu Frage 2.1). Eine Genehmigung der Gesamtkosten erfolgt durch den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen nach erneuter Beteiligung.

5.1 Wie ist der aktuelle Stand der Planungen des Umbaus der Festung Marienberg (insbesondere Zeitplan)?

Der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Landtags hat in seiner Sitzung am 03.12.2020 die Projektfreigabe für den zweiten Bauabschnitt der Generalsanierung der Festung Marienberg in Würzburg mit einem Kostenrahmen in Höhe von 231,5 Mio. Euro erteilt. Die Vorlage erfolgte auf der Grundlage der geltenden RLBau 2020.
Im zweiten Bauabschnitt sollen die Kernburg saniert und dort das „Museum für Franken“ als staatliches Museum für Kunst- und Kulturgeschichte mit einer neuen Dauerausstellung eingerichtet werden. Des Weiteren soll die Festungsarchitektur (Bergfried, Brunnenhaus, Kasematten, Burgring, Türme, Außenanlagen mit Fürstengarten, Innenhof der Kernburg) instandgesetzt werden. Diese umfangreichen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen sollen in mehreren Teilbaumaßnahmen durchgeführt werden, um eine fortlaufende Planungs- und Bauausführung zu ermöglichen.
Derzeit wird die Projektplanung durch die Staatsbauverwaltung in Teilbaumaßnahmen erstellt. Sobald eine erste Teil-Projektplanung vorliegt (voraussichtlich im Herbst 2021), wird diese dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Landtags zur Projektgenehmigung vorgelegt. Vorbehaltlich der Genehmigung durch den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen ist im Anschluss Baufreigabe in Aussicht genommen. Gemäß Planung soll der Abschluss der Bauarbeiten bis Ende 2030 erfolgen. Das neue Museum wird dann voraussichtlich 2032 öffnen können.

5.2 Inwieweit ist die Planung, nach der „das Staatsarchiv Würzburg in einem Zug nach Fertigstellung des Archivgebäudes in Kitzingen in dieses Gebäude umziehen“ wird (vgl. Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina [BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN], Drs. 18/6910, Frage 1.1) noch realistisch?

Die Planung ist zum derzeitigen Stand realistisch.

5.3 Schließt die Staatsregierung aus, dass eine Zwischenlagerung der Archivgüter aus der Festung Marienberg nötig sein wird?

Dies hängt von der Fertigstellung des Archivgebäudes in Kitzingen ab, vgl. Antwort zu Frage 5.2.

6.1 Sind oder werden die Laufzeiten der Personalstellen, die im Staatsarchiv Würzburg für Erschließung, Erfassung und Verpackung des Archivguts bis Ende 2021 (vgl. Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina [BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN], Drs. 18/6910, Frage 6.3) genehmigt worden sind, verlängert?

Die Stellen wurden bis zum 31.12.2024 verlängert.

6.2 Wie rechtfertigt die Staatsregierung, Stellen für Erschließung, Erfassung und Verpackung des Archivguts bis Ende 2021 geschaffen zu haben, wenn noch nicht einmal der Grundstein für den Neubau gesetzt worden ist?

Die Stellen werden für umfangreiche Arbeiten benötigt, die vor dem Umzug des Archivs abgeschlossen sein müssen. Dazu gehören die archivische Verpackung (hierbei handelt es sich nicht um die Verpackung im Rahmen des Umzugs, sondern um eine dauerhafte Verpackung zur Bestandserhaltung und zum Schutz von Archivalien) und die Erschließung, d.h. die Nutzbarmachung von Archivgut sowie die Digitalisierung von Findmitteln (Verzeichnissen von Archivalien), um einen digitalen Teilzugang während der notwendigen Schließung des Archivs für die Benutzerinnen und Benutzer zu ermöglichen.
Alle diese Arbeiten sind nachhaltige Maßnahmen für das Archiv, die dem langfristigen Originalerhalt und der Zugänglichkeit des Archivguts für Bürgerinnen und Bürger dienen.

6.3 Wie hoch schätzt die Staatsregierung die mit dem Umzug verbundenen Kosten (inkl. Verpackung, Transport, zusätzliche Personalkosten) ein?

Die Umzugskosten werden auf 720.000 Euro geschätzt (Stand 2020). Preissteigerungen bis zum Jahr 2025 sind dabei nicht berücksichtigt.