Schriftliche Anfrage: Italienische Organisierte Kriminalität Geldwäsche

Gemeinsam mit meiner Kollegin Katharina Schulze, befragte ich am 04.10.2021 die Staatsregierung bezüglich der Italienischen Organisierten Kriminalität inbesondere der Geldwäsche. Unsere Fragen wurden am 30.11.2021 von dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz hinsichtlich Fragen 2.1, 2.2, 3.1, 3.2, 4.3 und 5.3 sowie dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie beantwortet:

Unsere Vorbemerkung:
Die Italienische Organisierte Kriminalität (IOK) ist in vielen Bereichen tätig, mit diversen Produkten wird illegaler Handel betrieben und Geld verdient. Dem Staat entgehen Steuereinnahmen. Illegal verdientes Geld muss „reingewaschen“ werden.

Vorbemerkung des Ministeriums:
Der Begriff Organisierte Kriminalität (OK) im Sinne der Anfrage wird für die jeweiligen
Antwortbeiträge im Sinne der Arbeitsdefinition einer gemeinsamen Arbeitsgruppe (GAG) von Polizei und Justiz aus dem Jahr 1990 verstanden, die bundesweit gültig ist.
Diese lautet:

„Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige
Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig
a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,

b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel

oder

c) unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirt
schaft zusammenwirken.
Der Begriff umfasst nicht Straftaten des Terrorismus.“

Valide Daten zur Italienischen Organisierten Kriminalität (IOK) werden ausschließ
lich im Rahmen der bundesweiten Erhebung zum OK-Lagebild erfasst, woraus sich auch die Zahlen für das bayerische OK-Lagebild ergeben. Die Zahlen werden jeweils einmalig zum Jahresende erhoben, sodass für 2021 noch keine Daten verfügbar sind.

Wir fragen die Staatsregierung:

1.1 Welche aktuellen Kenntnisse hat die Staatsregierung über kriminelle Geschäfte und Aktivitäten im virtuellen Raum von IOK-Gruppierungen seit 2015 (bitte nach Jahren und Gruppierungen auflisten)?

1.2 Welche aktuellen Kenntnisse hat die Staatsregierung über das Wachsen bzw. das Potenzial für Cyberkriminalität wie Onlinebetrug, Phishing oder Angriffe mit Schadsoftware zur Lösegelderpressung aufgrund der verstärkten Digitalisierung in Zusammenhang mit IOK?

In den Jahren 2015 bis 2020 sind keine rechtswidrigen Taten, die sich gegen das Internet, weitere Datennetze, informationstechnische Systeme oder deren Daten richten oder solche Taten, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik begangen werden in Bayern bekannt geworden, die IOK-Gruppierungen zugeschrieben werden konnten.
Unabhängig davon ist festzustellen, dass kriminelle Netzwerke vermehrt moderne
Kommunikationstechnologien wie kryptierte Kommunikation verwenden.

2.1 Sind in Bayern Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften tätig, die sich insbesondere dem Thema Vermögensabschöpfung von IOK-Gruppierungen widmen (bitte Anzahl und Standorte der Staatsanwaltschaften auflisten)?

2.2 Wie viele Fachkräfte sind in Bayern tätig, die sich mit dem Thema Vermögensabschöpfung der IOK beschäftigen (bitte auch nach Standort aufgegliedert angeben)?

Die Vermögensabschöpfung ist untrennbarer Bestandteil eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und kann daher nicht separat auf Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften übertragen werden. Die Vermögensabschöpfung in Fällen der IOK wird daher von den OK-Abteilungen der Staatsanwaltschaften durchgeführt, die für die Verfolgung von Straftaten aus dem Phänomenbereich der IOK zuständig sind. Spezielle Fachkräfte für die Vermögensabschöpfung in Fällen der IOK gibt es nicht; vielmehr ist jede Staatsanwältin bzw. jeder Staatsanwalt, die bzw. der im Bereich der IOK ermittelt, gleichzeitig auch Fachkraft für die entsprechende Vermögenabschöpfung.
Zur generellen Unterstützung aller Staatsanwaltschaften bei der Vermögensab
schöpfung wurde im Oktober 2018 bei der Generalstaatsanwaltschaft München die „Zentrale Koordinierungsstelle Vermögensabschöpfung (ZKV)“ geschaffen. Die ZKV – bestehend aus einem Leitenden Oberstaatsanwalt, zwei Oberstaatsanwältinnen und zwei Rechtspflegern – hat keine eigenen operativen Aufgaben; vielmehr obliegen ihr koordinierende Aufgaben einer Ansprechstelle für verfahrensübergreifende Fragestellungen, die Unterstützung der Fortbildung im Bereich Vermögensabschöpfung sowie die Beratung der Gerichte und Staatsanwaltschaften in komplexen verfahrensbezogenen Einzelfragen.
Darüber hinaus bestehen bei jeder Staatsanwaltschaft Ansprechpartner für die Ver
mögensabschöpfung.
Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus den OK-Abteilungen können sich also
mit Spezialfragen zur Vermögensabschöpfung aus dem IOK-Bereich jederzeit an die behördeninternen Ansprechpartner oder an die ZKV wenden.
Die konkrete Anzahl derzeit beschäftigter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Ver
mögensabschöpfung im Bereich der IOK bei der Bayerischen Polizei liegt dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration nicht vor.
Daher können allein die regelmäßig erhobenen Personalstärken von Dienststellen
auf welche die Bearbeitung/Ermittlungen von OK entfällt, also auch der IOK, herangezogen werden. Die Bearbeitung dieses Deliktsfeldes umfasst, je nach Einzelfall, auch die Durchführung von vermögensabschöpfenden Maßnahmen. Die Personalstärken der jeweiligen Dienststellen sind aus der Anlage mit den Personalstärken für den 31. Juli 2021 ersichtlich.
Für Organisationseinheiten innerhalb dieser Dienststellen, wie z. B. für die Sachge
biete des Landeskriminalamts oder für die Kommissariate der Kriminalpolizeiinspektionen, liegen keine Personalstärken vor.
Klarstellend sei erwähnt, dass die Verfügbare Personalstärke (VPS) aus der teilzeit
bereinigten Iststärke abzüglich Abwesenheiten (insbesondere verfügte Abordnungen zu anderen Dienststellen/Organisationseinheiten, Studium für die nächsthöhere Qualifikationsebene, Mutterschutz mit Elternzeit, Sonderurlaub, langfristige Erkrankungen oder Freistellungen) und zuzüglich verfügter Zuordnungen berechnet wird. Als langfristige Erkrankungen in diesem Sinne gelten zusammenhängende Zeiträume von mehr als sechs Wochen. Nachdem die VPS im Zusammenhang mit einer punktuellen Erhebung der verfügbaren Beamtinnen und Beamten zu einem bestimmten Stichtag aufgrund o. g. Aspekte nicht unerheblichen Schwankungen unterliegt, wird grundsätzlich der durchschnittliche Wert der VPS für die Halbjahre eines Kalenderjahres angegeben.
Hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutungen der weiteren Personalstärken der
Bayerischen Polizei darf ergänzend auf die Antwort vom 7. Mai 2019 zur Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Klaus Adelt und Inge Aures (SPD) vom 1. März 2019, Drs. 18/1968 vom 21. Juni 2019, verwiesen werden.

3.1 In wie vielen OK-Verfahren gegen Mitglieder von Gruppierungen der IOK konnten Geldwäschetätigkeiten festgestellt werden (bitte für die letzten fünf Jahre und die verschiedenen IOK-Gruppierungen auflisten)?

Nach Auskunft des Landeskriminalamts wurden folgende Verfahren bekannt:
2016: 1 Verfahren (’Ndrangheta)

2017: 2 Verfahren (2 x ’Ndrangheta)

2018: 2 Verfahren (2 x ’Ndrangheta)

2019: 3 Verfahren (2 x ’Ndrangheta, 1 x Cosa Nostra)

2020: 3 Verfahren (2 x ’Ndrangheta, 1 x Cosa Nostra)

Für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz sind weder in der Strafver
folgungsstatistik noch in den Geschäftsstatistiken bei den Staatsanwaltschaften explizite, valide Rechercheparameter vorhanden, die eine automatisierte statistische Auswertung im Sinne der Fragestellung ermöglichen würden.
Für eine Beantwortung müsste insofern eine umfangreiche manuelle (Einzel-)Aus
wertung von Akten und Datenbeständen bei sämtlichen bayerischen Staatsanwaltschaften erfolgen. Dies würde zu einem erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand führen. Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des sich aus Art. 13 Abs. 2,
16a Abs. 1 und 2 S. 1 Verfassung des Freistaates Bayern (BV) ergebenden parlamen
tarischen Fragerechts der Abgeordneten des Landtags kann eine derartige Auswertung von Einzelakten u. ä. nicht erfolgen.

3.2 Inwiefern hat die Staatsregierung Kenntnisse darüber, dass die WirecardAG Zahlungen für Unternehmen abwickelte, die für Gruppierungen der IOK Geldwäsche betrieben haben sollen (vgl. Berliner Zeitung vom 03.08.2020: Wirecard: Arbeit für die Mafia? –https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/wirecard-li.96741)?

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft München I sind Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit dem Glücksspielunternehmen CenturionBet Ltd. über Konten bei der Wirecard Bank AG (vgl. Pressebericht in der Berliner Zeitung vom 3. August 2020) Gegenstand von dort laufenden Ermittlungen. Weitergehende Informationen hierzu können nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft München I derzeit nicht erteilt werden, um den Untersuchungszweck nicht zu gefährden.
Sachverhalte im Zusammenhang mit der Abwicklung von Zahlungen für Unterneh
men, die für Gruppierungen der IOK Geldwäsche betrieben haben sollen, durch die Wirecard AG oder die Wirecard Bank AG werden bei den bayerischen Staatsanwaltschaften in dem Fachverfahren web.sta, das in Bayern und in acht weiteren Bundesländern bei den Staatsanwaltschaften verwendet wird, nicht gesondert erfasst. Eine händische Auswertung sämtlicher Vorgänge wegen des Tatvorwurfs der Geldwäsche bei den Staatsanwaltschaften wäre auch mit Blick auf die für die Beantwortung zur Verfügung stehende Zeit mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden.
Soweit Rechtshilfeersuchen aus Italien, die bei der Staatsanwaltschaft München I
eingingen, Hinweise auf entsprechende Sachverhalte enthielten, können keine Auskünfte erteilt werden. Auf Grundlage von Nr. 22a Abs. 2 Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) darf Akteneinsicht in
Rechtshilfevorgänge nur gewährt werden, wenn der ersuchende Staat seine Zustim
mung zur Akteneinsicht erteilt hat, sofern nicht offenkundig ist, dass die Gewährung von Akteneinsicht den Zweck des Verfahrens der ersuchenden Behörde nicht gefährdet. Hintergrund der Norm ist, dass Ermittlungen ausländischer Behörden nicht gefährdet werden sollen. Hiervon sind auch verfahrensspezifische Auskünfte zur ersuchenden Behörde, dem betreffenden Verfahren, dessen Inhalt und dem Ergebnis der Rechtshilfe betroffen.
Eine Zustimmung der italienischen Behörden zur Gewährung einer entsprechenden
Aktenauskunft liegt hier nicht vor.

3.3 Hat die Staatsregierung mittlerweile darüber Kenntnis, wie hoch die durch IOK erzielten jährlichen Umsätze in Bayern seit 2015 geschätzt werden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

Schätzungen zu Umsätzen von OK-Gruppierungen werden nicht vorgenommen. Die zu den IOK-Verfahren feststellbaren kriminellen Schäden und Erträge können den OK-Lagebildern 2017 bis 2019 entnommen werden. Für 2020 liegt der Schaden, soweit bisher bekannt, bei 6 Mio. Euro, der Ertrag, soweit bekannt, ebenfalls bei 6 Mio. Euro.

4.1 Wie viele der in den Jahren 2015 bis 2020 sowie im ersten Halbjahr 2021 durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durchgeführten Inhaberkontrollverfahren ergaben nach Kenntnis der Staatsregierung einen Zusammenhang der investierten Gelder nach Bayern mit der IOK (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

Nach Auskunft desLandeskriminalamtes liegen keine Erkenntnisse zu Verfahren vor, denen ein Inhaberkontrollverfahren vorausgegangen wäre.

4.2 In welcher Form und Frequenz tauscht sich nach Kenntnis der Staatsregierung die BaFin mit dem Landeskriminalamt über bei Inhaberkontrollverfahren gewonnene Informationen aus bzw. erhält von diesen Behörden Hintergrundinformationen zur Bewertung von Sachverhalten im Zusammenhang mit Inhaberkontrollverfahren?

In diesem Zusammenhang ist mit dem Landeskriminalamt bislang kein Informationsaustausch erfolgt.

4.3 In der Folge von wie vielen der seit 2015 durch die BaFin durchgeführten Inhaberkontrollverfahren kam es nach Kenntnis der Staatsregierung zu strafrechtlichen Vorermittlungen in Bayern bzw. wurden bayerische Polizeikräfte zur Abklärung des Sachverhalts hinzugezogen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

Auf die Antwort zu Frage 4.2 wird verwiesen.
Für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz wird auf die Antwort zu
Frage 3.1 verwiesen.

5.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Verwendung von Kryptowährung der in Bayern tätigen IOK-Gruppierungen (bitte auflisten)?

Es liegen keine Erkenntnisse über die systematische Verwendung von Kryptowährungen vor.

5.2 Welche Erkenntnis hat die Staatsregierung darüber, ob der Drogenhandel, der von IOK-Gruppierungen in Bayern getätigt wird, mit digitaler Währung bezahlt wird?

5.3 Wurden Vermögenswerte, die den IOK-Gruppierungen zuzuordnen sind und deren Herkunft unklar war, in Bayern seit 2015 eingezogen (bitte nach Jahr, Höhe und Gruppierung auflisten)?

Nach Auskunft des Landeskriminalamts wurden im Zeitraum von 2015 bis 2020 keine Vermögenswerte gesichert, welche diesen Kriterien entsprechen.
Für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz wird auf die Antwort zu
Frage 3.1 verwiesen.

6.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Genehmigungen von Bankgarantien für Personen, die den IOK Gruppierungen angehören bzw. Mittelsmänner sind?

Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse über die Genehmigung von Bankgarantien für Personen vor, die entsprechenden Gruppierungen angehören.

6.2 Wie bewertet die Staatsregierung das Risiko von Investitionen inkriminierter Gelder durch Gruppen der IOK in Deutschland im privaten und öffentlichen Sektor?

Das Bundeslagebild „Organisierte Kriminalität“ des Bundeskriminalamts, abrufbar unter https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/OrganisierteKriminalitaet/organisiertekriminalitaet_node.html, fasst die Erkenntnisse hinsichtlich Geldwäsche in diesem Deliktsfeld zusammen, weswegen hierauf verwiesen wird.

6.3 Welche präventiven Maßnahmen können nach Einschätzung der Staatsregierung diesbezüglich ergriffen werden?

Eine Zuständigkeit für ein präventives Tätigwerden ist in diesem Zusammenhang insbesondere bei Bundesbehörden wie der Financial Intelligence Unit (FIU) als Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen zu sehen. Der Bayerischen Polizei sind keine spezialgesetzlichen Aufgaben zur präventiven Geldwäschebekämpfung zugewiesen.
Unabhängig davon werden im Rahmen von Auswerte- und Ermittlungsmaßnahmen
im Bereich der OK, insbesondere im Rahmen des Geldwäsche-Clearingverfahrens, abhängig vom jeweiligen Einzelfall anlassbezogen die erforderlichen Maßnahmen durch die Bayerische Polizei ergriffen.

7.1 Inwiefern hat die Staatsregierung Kenntnisse darüber, dass Gruppierungen der IOK versucht haben sollen, im Zuge der COVID-19-Pandemie und hiermit verbundener wirtschaftlicher Verwerfungen legale Wirtschaftsbereiche
zum Beispiel durch die Gewährung von „Krediten“ zu infiltrieren (vgl. Süd
deutsche Zeitung vom 30. Mai 2021: Mafia bavarese: https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-mafia-coronakrise-gastronomie-1.5305434)?

Hierzu liegen der Staatsregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor.

7.2 Wie beurteilt die Staatsregierung die Festlegung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen, um Geldwäsche zu unterbinden?

Barzahlungsobergrenzen existieren bereits in einer Reihe von Staaten der Europäischen Union mit zum Teil sehr niedrigen Limits. Allerdings fehlt der Nachweis, dass durch solche Obergrenzen Organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Steuerhinterziehung tatsächlich eingeschränkt werden können.
Die persönlichen Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte der Bürger auch im Be
reich des Zahlungsverkehrs sind für die Staatsregierung ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Die Staatsregierung hat sich daher bereits mit ihrem Positionspapier vom 30. Mai 2017 zur EU-Konsultation „Beschränkungen für Barzahlungen“ gegen die Einführung von Barzahlungsobergrenzen ausgesprochen.
Auch der Landtag hatte sich im Jahr2016 in mehreren Beschlüssen in diesem Sinne
geäußert (vgl. Beschluss des Landtags vom 17. Februar 2016, Drs. 17/10098, betreffend „Keine Obergrenzen bei Bargeldzahlungen“; Beschluss des Landtags vom 17. Februar 2016, Drs. 17/10111, betreffend „Barzahler sind keine Verbrecher“; Beschluss des Landtags vom 12. April 2016, Drs. 17/10953, betreffend „Verfassungswidrige Bargeldobergrenzen verhindern – Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen“).
Um Geldwäscherisiken spezifisch zu begegnen, hat Deutschland mit gezielten Maß
nahmen reagiert. So hat man in bestimmten Risikofeldern (Edelmetallhandel, Immobilientransaktionen) die geldwäscherechtlichen Sorgfalts- und Meldepflichten erweitert.
Vor diesem Hintergrund lehnt die Staatsregierung die Einführung einer Bargeldober
grenze ab. Auf den hierzu ergangenen, erneuten Beschluss des Landtags vom 14.Oktober 2021, Drs. 18/18353, betreffend „Bargeld erhalten – Keine Begrenzung der Bargeldzahlung“ darf hingewiesen werden.

7.3 Welche Anstrengungen unternimmt die Staatsregierung, um den geldwäscheanfälligen Immobilienverkehr in Bayern stärker zu überwachen?

Auf die Antwort der Staatsregierung vom 2. Oktober 2019 zu der Frage 6.3 der Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 5. August 2019 betreffend „Italienische Organisierte Kriminalität (IOK) in Bayern“ (Drs. 18/4000 vom 22. November 2019) wird verwiesen. Dort sind die Maßnahmen bereits wiedergegeben.

8. Hat die Staatsregierung Erkenntnisse über Geldwäscheaktivitäten von anderen OK-Gruppierungen (bitte nach Delikt und nach OK-Gruppierung auflisten)?

Für das Jahr 2020 wurden dem Landeskriminalamt in 42 OK-Verfahren Geldwäscheaktivitäten mitgeteilt.
Die Hauptaktivitäten verteilten sich auf folgende Deliktsfelder:

Kriminalität i. Z. m. dem Wirtschaftsleben                18

Rauschgifthandel/-schmuggel                                     9

Kriminelle Vereinigung                                                4

Sonstige Kriminalitätsbereiche                                   4

Schleuserkriminalität                                                   3

Eigentumskriminalität                                                 2

Steuer- und Zolldelikte                                                2

Weitergehende Informationen hierzu können nach Mitteilung des Landeskriminalamts derzeit nicht erteilt werden, da andernfalls Rückschlüsse auf einzelne Ermittlungsverfahren möglich wären und dadurch der Untersuchungszweck des jeweiligen Verfahrens gefährdet sein könnte.