Schriftliche Anfrage: Hilfe während der Corona-Pandemie für Vereine in Bayern

Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen Gülseren Demirel, Claudia Köhler und Cemal Bozoglu befragte ich am 22.01.2021 die Staatsregierung bezüglich der Hilfe während der Corona-Pandemie für Vereine in Bayern. Unsere Fragen wurden am 29.03.2021 von dem Staatsministerium der der Finanzen und für Heimat im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales und dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration beantwortet:

Unsere Vorbemerkung:
Vereine, die nicht den folgenden Kriterien entsprechen: „Der Begünstigte ist Mitglied in einem Dachverband oder einer entsprechenden Dachverband. Der Begünstigte ist Mitglied in einem Dachverband oder einer entsprechenden dachverbandsähnlichen Organisation der Heimatpflege, der Volksmusikpflege und -forschung, des Faschings, der
Fastnacht oder des Karnevals oder Empfänger wiederkehrender Förderungen im Be
reich Heimatpflege (einschließlich Volksmusikpflege und -forschung) des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat. Oder Träger einer im Bayerischen Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragenen Kulturform oder eines eingetragenen Gute-Praxis-Beispiels“, können nur die folgenden Soforthilfen beantragen: https://bvsbayern.com/aktuelles/aktuelle-informationen/corona-soforthilfe-fuer-mitgliedsvereine/

Wir fragen die Staatsregierung:

1. Wie viele Anträge auf Unterstützung von Vereinen über das Programm Hilfsprogramm für Vereine der Heimat- und Brauchtumspflege (einschließlich Faschingsvereine) sind bei der Staatsregierung eingegangen?

Beim Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, das vom Staatsministerium der Finanzen und für Heimat mit dem Vollzug des Hilfsprogramms für Vereine der Heimat- und Brauchtumspflege (einschließlich Faschingsvereine) beauftragt wurde, sind bisher (Stand 22.03.2021) 551 Anträge eingegangen.

2. Wie viele Anträge wurden bewilligt (wenn datenschutzrechtlich möglich, bitte mit einer Aufstellung der Empfängergruppen und Kostengesamtumfang)?

Da der Hilfezeitraum erst Ende Februar abgelaufen und eine Antragstellung noch bis zum 30.06.2021 möglich ist, können belastbare Aussagen zur Verteilung der Hilfen auf einzelne Empfängergruppen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. Bisher (Stand 22.03.2021) wurden 104 Anträge bewilligt. Die Gesamtbewilligungssumme
beträgt aktuell 187.008,56 Euro.

3. Wie rechtfertigt die Staatsregierung diese Extra-Förderung von Vereinen zur Brauchtumspflege mit einem einmaligen Ausgleich entstandener Nachteile in Höhe von 50 Prozent der coronabedingten Nettoeinnahmeausfälle aus Veranstaltungen, Festen und vergleichbaren Aktivitäten im Zeitraum vom 01.03.2020 bis 28.02.2021 bis zu 2.000 Euro pro Verein und einer Höhe des Einnahmeausfalls anhand eines Vergleichs mit dem Vorjahreszeitraum (01.03.2019 bis 29.02.2020), während Vereine, die nicht dazu zählen, lediglich die im Vorspruch genannten Soforthilfen erhalten können?

In Bayern gibt es verschiedene Hilfsprogramme für Vereine. Neben dem Hilfsprogramm für Vereine der Heimat- und Brauchtumspflege, mit dem vor allem das Überleben von gemeinnützigen Vereinen gesichert werden soll, die durch ihr ehrenamtliches Engagement die Pflege von Bräuchen und Traditionen koordinieren, bestehen weitere Unterstützungsmöglichkeiten auch für andere Vereine (vgl. Antwort zu Frage 4).
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Hilfsprogramms für Ver
eine der Heimat- und Brauchtumspflege Leistungen aus anderen Förder- bzw. Hilfsprogrammen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie anzurechnen sind.

4. Wie berücksichtigt die Staatsregierung Vereine, die sich ohne die Ausrichtung auf die oben genannten Kriterien auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt kümmern und auch Ausfälle wegen nicht stattgefundener Veranstaltungen haben, wie z. B. abgesagte interkulturelle Brauchtumsfeiern?

Im Rahmen des Hilfsprogramms für Vereine der Heimat- und Brauchtumspflege können gemeinnützige Vereine, deren satzungsgemäßer Schwerpunkt die Heimat- bzw. Brauchtumspflege ist, auch für interkulturelle Veranstaltungen, die sie im Hilfezeitraum coronabedingt absagen mussten, eine Hilfeleistung beantragen, sofern sie auch die weiteren Voraussetzungen des Hilfsprogramms erfüllen.
Nach Mitteilung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst nehmen in
nerhalb des vielfältigen bayerischen Kulturlebens außerdem die zahlreichen Laienmusikvereine eine besonders zentrale Stellung ein. Mit ihren Chören, Orchestern und Ensembles gestalten diese Vereine insbesondere das soziale, gesellschaftliche Miteinander vor Ort entscheidend mit und tragen maßgeblich zum Bewusstsein der eigenen Traditionen bei. Mit den Einschränkungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie sind gerade den Laienmusikvereinen musikalische Auftritte weggefallen und damit zugleich auch essenzielle Einnahmemöglichkeiten, während etwa Betriebskosten für Proberäume, Zahlungen an eigene Musiklehrer, Dirigenten und Ensembleleiter weiterlaufen. Zielsetzung des Laienmusik-Hilfsprogramms sind die finanzielle Stabilisierung der Vereine in dieser schwierigen Zeit, die Unterstützung der hier eingebundenen zahlreichen Ehrenamtlichen sowie der Erhalt der Vereinsstrukturen. Antragsberechtigt sind alle Laienmusikvereine mit Sitz in Bayern, die gemeinnützig tätig und Mitglied in einem dem Bayerischen Musikrat angeschlossenen Laienmusikdachverband sind. Antragsberechtigt sind auch Musikschulorchester/-chöre mit Mitgliedschaft in einem Laienmusikverband, wenn deren Träger ein gemeinnütziger Verein ist. Je Verein können aus dem Hilfsprogramm bis zu 1.000 Euro bereitgestellt werden, sowie zusätzlich bis zu 500 Euro für jedes weitere Ensemble des Vereins. Das Laienmusik-Hilfsprogramm wurde bis zum 30.06.2021 verlängert.
Gemeinnützige Vereine, die kulturelle Spielstätten betreiben oder als Kulturveran
stalter tätig sind, werden zudem mit Finanzhilfen nach dem Spielstätten- und Veranstalterprogramm unterstützt. Mit diesem Hilfsprogramm gewährt der Freistaat Bayern Billigkeitsleistungen für die Betreiber kleiner und mittlerer kultureller Spielstätten aus den verschiedenen Kunstsparten (Musik, Theater, Kleinkunst) sowie dezentrale Kulturveranstalter ohne eigene Spielstätte, die von der Pandemie wirtschaftlich geschädigt sind. Antragsberechtigt sind gem. Abs. 2.1 Satz 2 Spiegelstrich 3 der Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) beeinträchtigten kulturellen Spielstätten und Kulturveranstalter auch Körperschaften des Non-Profit-Sektors (z. B. gGmbHs, Vereine), die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betriebe kulturelle Spielstätten unterhalten oder deren Tätigkeit auf die Organisation und Durchführung künstlerischer Veranstaltungen gerichtet ist. Voraussetzung ist, dass der Betrieb einer kulturellen Spielstätte bzw. die Tätigkeit als Kulturveranstalter nachweisbar der hauptsächliche Unternehmenszweck des Vereins ist und dass die Spielstätte bzw. der Sitz des Vereins in Bayern liegen. Die Spielstätte muss mit mindestens 24 bzw. im ländlichen Raum oder bei thematisch geschlossenen Programmreihen mit mindestens 12 künstlerischen Veranstaltungen pro Jahr bespielt werden. Die gleiche Anzahl an
Veranstaltungen ist für Vereine erforderlich, die als dezentrale Kulturveranstalter tätig
sind. Der nach diesem Hilfsprogramm geltend gemachte existenzbedrohende Liquiditätsbedarf muss eine Bagatellgrenze von 3.000 Euro überschreiten. Der jeweilige Höchstbetrag der staatlichen Unterstützung pro Bewilligungszeitraum (zweites Halbjahr 2020 bzw. erstes Halbjahr 2021) richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten (bis zu fünf Beschäftigte: 50.000 Euro, über fünf Beschäftigte: 100.000 Euro, über zehn Beschäftigte: 300.000 Euro).
Der Freistaat Bayern unterstützt nach Mitteilung des Staatsministeriums des Innern,
für Sport und Integration schließlich die ca. 17 000 Sport- und Schützenvereine jährlich mit erheblichen Mitteln. Im Jahr 2020 wurden aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden finanziellen Herausforderungen für die Sport- und Schützenvereine die für die Gewährung der staatlichen Vereinspauschale zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von rund 20 Mio. Euro auf rund 40 Mio. Euro verdoppelt. Da die finanziellen Belastungen für die Sport- und Schützenvereine durch die Corona-Pandemie fortbestehen, wird die Vereinspauschale im Jahr 2021 erneut verdoppelt.
Für Vereine, die im Integrationsbereich Empfänger staatlicher Projektförderung sind,
konnte bereits zu Beginn der Pandemie eine großzügige Regelung gefunden werden.
So wurden in Fällen, in denen der Zuwendungszweck mit Blick auf die Beschränkungen
der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vorübergehend nicht erreicht werden konnte, insbesondere Fixkosten wie Personalausgaben als weiterhin zuwendungsfähig anerkannt.
Nach Mitteilung des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales wird darüber
hinaus seit dem 12.08.2020 über die LfA Förderbank Bayern (LfA) das Corona-Kreditprogramm für gemeinnützige Organisationen bereitgestellt. Mit dem „Corona-Kredit – Gemeinnützige“ erhalten gemeinnützige Organisationen jeglicher Art vermehrt Kredite zu günstigen Konditionen bei ihren Hausbanken. Antragsberechtigt sind gemeinnützige Organisationen unabhängig von Größe und Rechtsform mit Betriebsstätte oder Niederlassung in Bayern. Finanziert werden grundsätzlich der gesamte in Bayern eingesetzte Liquiditätsbedarf sowie alle Investitionen in die Infrastruktur in Bayern (ausgenommen: Räume zur Glaubensausübung). Der Kredit ist mit einer 100-prozentigen Risikoentlastung durch den Bund und den Freistaat Bayern ausgestattet. Die Hausbanken tragen damit kein eigenes Haftungsrisiko. Die gemeinnützigen Organisationen können Anträge bei ihren Hausbanken stellen. Diese prüfen die Voraussetzungen und leiten den Antrag an die LfA weiter. Nachdem die LfA der Hausbank ein Darlehensangebot unterbreitet hat, schließt die Hausbank mit der Organisation einen Darlehensvertrag ab. Nähere Informationen zu den Fördervoraussetzungen des „Corona-Kredits – Gemeinnützige“ sind unter dem Link https://lfa.de/website/de/aktuelles/_informationen/Coronavirus/index.php erhältlich.
Im Übrigen sind gemeinnützige Vereine mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb bei
allen aktuellen Corona-Hilfsprogrammen des Bundes (November- bzw. Dezemberhilfe, Überbrückungshilfen) grundsätzlich antragsberechtigt.

5. Wie wird mit Vereinen verfahren, die keinem Dachverband angehören und trotzdem wichtige Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen?

Im Rahmen des Hilfsprogramms für Vereine der Heimat- und Brauchtumspflege (einschließlich Faschingsvereine; HVHBR) ist Voraussetzung für die Antragsberechtigung, dass der antragstellende Verein Mitglied in einem einschlägigen Dachverband ist oder eine der anderen Voraussetzungen gem. Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) HVHBR erfüllt. Damit können z. B. Vereine der Heimat- und Brauchtumspflege unterstützt werden, die Träger einer im Bayerischen Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragenen Kulturform oder eines eingetragenen Gute-Praxis-Beispiels sind, auch wenn sie nicht Mitglied in einem Dachverband sind.
Nach Mitteilung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst sind für das
Laienmusik-Hilfsprogramm alle (gemeinnützigen) Laienmusikvereine mit Sitz in Bayern antragsberechtigt, die Mitglied in einem Laienmusikdachverband sind. Die Abwicklung des Förderverfahrens erfolgt über die Dachverbände, die insoweit über die erforderlichen fachlichen und personellen Ressourcen verfügen. Die Mitgliedschaft in einem der einschlägigen Laienmusikdachverbände ist zugleich ein Beleg für die nachhaltig aktive laienmusikalische Betätigung des antragstellenden Vereins im Sinne des Förderzwecks. Laut Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration ist auch die staatliche Vereinspauschale an die Mitgliedschaft in einem Sportdachverband gebunden.
Nach Mitteilung des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales erfolgt die
Bewilligung des „Corona-Kredits – Gemeinnützige“ an eine gemeinnützige Organisation unabhängig von deren Zugehörigkeit zu einem Dachverband, vgl. Antwort zu Frage 4.