Schriftliche Anfrage: Förderung der Geothermie in Bayern

Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen Claudia Köhler und Martin Stümpfig befragte ich am 28.07.2022 die Staatsregierung bezüglich der Förderung der Geothermie in Bayern. Unsere Fragen wurden am 20.09.2022 von dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie beantwortet:

Vorbemerkung des Ministeriums:
Zur
Beantwortung der Fragen 1 a bis 4 b wurde beiliegende Tabelle erstellt, aus der die Antworten – soweit verfügbar – hervorgehen. Soweit ergänzend noch zusätzliche Bemerkungen angebracht sind, er folgt dies bei der jeweiligen (Teil-)Frage. Ergänzend sei angemerkt, dass die meisten der derzeit gültigen Bewilligungen für Erdwärme auf (Erst-)Erlaubnisanträgen vor 2007 basieren.

Die Staatsregierung wird gefragt:

1.a) Wie viele Erlaubnisse zur Aufsuchung von Erdwärme zu gewerblichen Zwecken hat die Staatsregierung in den vergangenen 15 Jahren erteilt (bitte aufschlüsseln nach Regierungsbezirken)?

1.b) Zu welchem Zeitpunkt wurden die jeweiligen Erlaubnisse erteilt?

2.a) Wie viele dieser Erlaubnisse aus Frage 1 wurden aufgrund der Befristung wieder aufgehoben?

2.b) Wie viele dieser Erlaubnisse aus Frage 1 wurden einmal verlängert?

2.c) Wie viele dieser Erlaubnisse aus Frage 1 wurden mehrfach verlängert?

3.a) Wie viele dieser Erlaubnisse aus Frage 1 haben nach Kenntnis der Staatsregierung den ursprünglichen Erlaubnisinhaber gewechselt?

3.b) In wie vielen dieser Fälle wurden die Vorarbeiten, die mit den Aufsuchungsgebieten zusammenhängen (Dokumentation u. a.) inkl. der Erlaubnis veräußert?

4.a) Wie viele und welche der Erlaubnisse aus Frage 1, die die Staatsregierung bis heute erteilt hat, haben zur tatsächlichen Nutzung von Erdwärme (Bewilligung) geführt?

4.b) Wie findet in diesen Fällen jeweils die Nutzung statt (bitte Angabe: Strom, Wärme oder beides)?

Die Fragen 1 a bis 4 b werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Es gibt keine Pflicht, die Behörden zu informieren, wenn entsprechende Vorarbeiten
von einem Dritten übernommen werden. In der Tabelle ist daher ohne Anspruch auf Vollständigkeit angemerkt, in welchen Fällen das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) Kenntnis von derartigen Fällen hatte.

5.a) Wie viele Erlaubnisse führen nach Einschätzung der Staatsregierung in diesem oder im kommenden Jahr zu einer Bewilligung und zur tatsächlichen Nutzung in Form von Strom- und/oder Wärmegewinnung?

Nach Kenntnis der Staatsregierung wird demnächst ein Bewilligungsantrag der Stadtwerke München für den Standort Schäftlarnstraße erwartet.

5.b) In welchem Umfang (GWh und Anteil am Gesamtbedarf) trug Erdwärme in Bayern zur Wärmeversorgung von Gebäuden vor 15 Jahren bei?

5.c) In welchem Umfang (GWh und Anteil am Gesamtbedarf) trägt Erdwärme in Bayern zur Wärmeversorgung von Gebäuden heute bei?

Die Fragen 5 b und 5 c werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Energie wird von der amtlichen Statistik mengenmäßig und nach Energieträgern dif
ferenziert erfasst.
Zu welchen Zwecken Energieträger vom Verbraucher genutzt werden, ist nicht Gegen
stand der Erhebung. Die Erdwärmenutzung (Tiefengeothermie) erfolgt in der Regel über Wärmenetze. Mit Blick auf die leitungsgebundene Wärmeversorgung kann ein Anteil der Erdwärme am Endenergieverbrauch von „Fernwärme“ berechnet werden.
Ausweislich der „Jahreserhebung über Wärme- und Elektrizitätserzeugung aus Geo
thermie“ wurden 2005 rund 117 GWh und 2020 rund 1 021 GWh* Erdwärme genutzt.
Dies entspricht einem Anteil der Erdwärme am Endenergieverbrauch von Fernwärme
von 0,9 Prozent (2005) bzw. 6,6 Prozent* (2020) (Hinweis: Bei den mit „*“ gekennzeichneten Angaben für das Berichtsjahr 2020 handelt es sich um vorläufige Werte).

6.a) Welche Anstrengungen werden auf Landesebene zur weiteren Förderung der Geothermie unternommen?

6.b) Wird die Staatsregierung, nachdem die EU-Kommission die Bundesförderung für effiziente Wärmegesetze (BEW) genehmigt hat, ein ergänzendes Landesförderprogramm entwickeln?

6.c) Wie sieht die Staatsregierung den Vorschlag der Experten bei der Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie, Medien und Digitalisierung am 15.06.2022 zum Thema Auflegung eines Fonds in Höhe von 100 Mio. Euro zur Sicherstellung der kommunalen Kreditaufnahme für Geothermieprojekte?

Die Fragen 6 a bis 6 c werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Kern der Aktivitäten der Staatsregierung zur Tiefengeothermie im Rahmen des
Aktionsprogramms Energie ist der Einsatz für Wärmeverteilleitungen, um Wärme aus Tiefengeothermie in die Verbrauchssenken zu bringen. Ein dazu in Auftrag gegebenes Gutachten hat bestätigt, dass mit Wärmeverteilleitungen der Ausbau der Tiefengeothermie vorangebracht werden kann.
Der Bund hat nunmehr angekündigt, im Rahmen der Bundesförderung effiziente
Wärmenetze, u. a. auch Wärmeverteilleitungen, zu fördern.
Durch den langwierigen Prozess von fast zwei Jahren von der Erstellung des Ent
wurfs des Förderprogramms bis zur beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU bestand keine Sicherheit, ob und in welcher Höhe Wärmeverteilleitungen tatsächlich vom Bund gefördert werden.
Sollte sich mit der Veröffentlichung der Förderrichtlinie bestätigen, dass Wärmever
teilleitungen (ebenso wie Untersuchungen, Bohrungen, Wärmezentralen und Wärmenetze) mit 40 Prozent der Investitionskosten gefördert werden, dann wird angesichts dieser Förderung zunächst kein Bedarf für eine zusätzliche bayerische Förderung gesehen.
Das StMWi plant, mit der Förderung von interkommunalen Energienutzungsplänen
Geothermieprojekte im ländlichen Raum voranzubringen und außerdem mithilfe von Energieforschungsprojekten den Anwendungsbereich der Tiefengeothermie auf die sogenannte mitteltiefe Geothermie sowie auf die industrielle Prozesswärmegewinnung auszuweiten.
Die Aussagen der Experten beim Fachgespräch Geothermie im Juli 2022 waren
aus Sicht des StMWi nicht einheitlich: Während einzelne Experten vor allem den Aspekt der Risikoabsicherung (Fündigkeit) betont haben, wurde teilweise auch von Finanzierungsproblemen berichtet, die nur zum Teil nachvollzogen werden konnten.
Kommunen stehen u. a. Darlehensprogramme der KfW und der LfA offen. Inwieweit
nach Inkrafttreten der BEW und der entsprechenden Förderung eine Finanzierungslücke vorhanden ist, sollte abgewartet werden.

7.a) In welcher Höhe sind in Bayern in den vergangenen 15 Jahren Mittel aus dem Staatshaushalt (Ist-Werte) zur Förderung der Geothermie eingesetzt worden?

Aus dem Bayerischen Energieforschungsprogramm sind in diesem Zeitraum über 4,3 Mio. Euro für Tiefengeothermieprojekte zur Verfügung gestellt worden.

7.b) In welcher Höhe sind in Bayern in den vergangenen 15 Jahren Mittel aus dem Staatshaushalt (Ist-Werte) zur Förderung von Wärmenetzen eingesetzt worden?

Für die Förderung von Tiefengeothermie-Wärmenetzen wurden in diesem Zeitraum
knapp unter 14,6 Mio. Euro zur Verfügung gestellt.

Ergänzend sei zu den Fragen 7 a und 7 b angemerkt, dass der Freistaat Bayern über
sein Förderprogramm „Energiekonzepte und kommunale Energienutzungspläne“ die Erstellung von Studien fördert, um Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung und zum Ausbau erneuerbarer Energien auf konzeptioneller Grundlage zu ermöglichen.
Untersuchungen zu Geothermiepotenzialen bzw. deren Nutzung mittels Wärme
netzen sind dabei grundsätzlich möglich und durch den Antragsteller wählbar. Diese Fördermöglichkeit kann daher einen Beitrag zur Förderung der Geothermie, z. B. im Vorfeld einer geplanten Nutzung oder zur Effizienzsteigerung eines vorhandenen Geothermiekraftwerks bzw. Wärmenetzes in Bayern, leisten. Da kommunale Energienutzungspläne grundsätzlich übergeordnete und ganzheitliche energetische Konzepte darstellen, erfolgt keine Erfassung einzelner inhaltlicher Themenschwerpunkte. Eine konkrete Angabe zu einer Höhe der Förderung der Geothermie in den vergangenen 15 Jahren ist aus diesem Grund nicht möglich. Bei vier in Betrieb befindlichen Tiefengeothermieanlagen wurden im Vor- bzw. Umfeld in der Vergangenheit Energienutzungspläne mit einem Gesamtfördervolumen von 138.000 Euro gefördert und belegen die thematische Relevanz des Instruments für die Tiefengeothermie.

7.c) Wann und in welcher Form hat die Staatsregierung für diese Förderungen geworben?

Mit der Veröffentlichung der entsprechenden Förderrichtlinien erfolgte i. d. R. auch eine Bekanntgabe (z. B. Förderwegweiser) und eine Bewerbung auf der Internetseite des StMWi sowie eine Beratung durch die mit der Durchführung beauftragten Projektträger. Parallel erfolgt eine anlassbezogene Bewerbung von Förderinstrumenten bei
öffentlicher Übergabe von Förderbescheiden oder bei geeigneten Veranstaltungen.

8a) Wie schätzt die Staatsregierung den Genehmigungsprozess für Tiefengeothermieprojekte ein?

Tiefengeothermieprojekte bestehen aus mehreren Phasen, von der Aufsuchung und der Gewinnung aus Bohrungen, der Errichtung baulicher Anlagen für die Wärmezentrale bzw. Stromkraftwerke bis zum Bau der Wärmenetze. Für den Bereich der Aufsuchung und Gewinnung ist insbesondere das Bergrecht und das Wasserrecht einschlägig. Gerade das Bergrecht (Bundesberggesetz – BBergG) ermöglicht aufgrund seiner Zielsetzung eine wirtschaftsfreundliche Genehmigungssituation, die den hohen sicherheitstechnischen Anforderungen an die Bohrungen und deren Betrieb sowie den hohen Investitionsrisiken Rechnung trägt. Die Genehmigungszeiten sind im Vergleich zu anderen Vorhaben relativ schnell und geben ein hohes Maß an Rechts- und Investitionssicherheit.
In Bayern haben hierbei die Bergämter eine Bündelungsfunktion, d. h. die standort
bezogenen Genehmigungsentscheide aus dem Berg-, Wasser-, Naturschutzrecht etc. sind in einer Hand gebündelt. Somit haben die Unternehmen eine einheitliche Stelle als Ansprechpartner.

8b) Welche Behörden sind zuständig?

Geothermie respektive Erdwärme ist ein bergfreier Bodenschatz, also dem Grundeigentum entzogen. Im Bergrecht gibt es daher ein zweistufiges Verfahren:

  • Erteilung der erforderlichen Bergbauberechtigung (Erlaubnis, Bewilligung) für Aufsuchung bzw. Gewinnung in einem bestimmten Gebiet. Zuständig hierfür ist das StMWi.
  • Standortbezogene Bohrgenehmigungen, wasserrechtliche Genehmigungen, Umweltverträglichkeitsvorprüfungen (UVP-Vorprüfungen), Planfeststellungen etc. Zuständig sind hierfür die jeweiligen Bergämter. Dies sind die Regierung von Oberbayern, Bergamt Südbayern, für die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben sowie die Regierung von Oberfranken, Bergamt
    Nordbayern, für die Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken
    und die Oberpfalz.

Für Belange des Baurechts bzw. Baugenehmigungen der Obertageanlagen sind die jeweiligen Landratsämter zuständig.

8c) Bezugnehmend auf die Erlaubnisse aus Frage 1: Wie lange dauert bzw. dauerte es von der Aufsuchungserlaubnis zu gewerblichen Zwecken bis zur Bewilligung zur Gewinnung von Erdwärme?

Dies hängt in erster Linie von der Intensität und dem Fortschritt der Erkundungsarbeiten der Geothermieunternehmen im Rahmen der Aufsuchungserlaubnis und den Zwischenergebnissen der Aufsuchungsarbeiten ab. Dies kann ggf. dazu führen, dass von den ursprünglichen Planungen abgewichen wurde oder werden musste und die Projekte neu aufgesetzt wurden. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der Erschließung und Nutzung der Tiefengeothermie um einen sehr dynamischen Lern- und Erfahrungsprozess handelt und die Erkenntnisse empirisch gewonnen werden müssen. Abhängig von den Zwischenergebnissen können sich die Vorstellungen über die tatsächliche Untergrundgeologie ändern und die Erschließungs- und Bohrkonzepte müssen angepasst werden, um Fehlbohrungen zu verhindern und technisch-wirtschaftliche Risiken zu minimieren. Geothermieprojekte laufen nicht nach einem einheitlichen Schema ab. Jedes Projekt ist ein Pilotprojekt für sich. Über den Erfolg der Projekte entscheidet daher vor allem die Güte und Sorgfalt der Planungen unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Begleitforschung.
Bewilligungen können nur erteilt werden, wenn die Bohrungen abgeschlossen und
getestet wurden, die Fündigkeit nachgewiesen wurde sowie keine Beeinträchtigungen vorliegen. Der Zeitrahmen ist von Projekt zu Projekt sehr unterschiedlich. Von der Erteilung der (Erst-)Erlaubnis bis zur Inbetriebnahme können schon bis zu zehn Jahre
vergehen, in Sonderfällen auch länger. Es gab allerdings auch Projekte, die innerhalb
der Befristungsphase der Erlaubnis von fünf Jahren realisiert wurden.

 

– Anlage zu Fragen 1 bis 4