Schriftliche Anfrage: Finanzierung und Konzept – Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg 2

Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen Ludwig Hartmann, Barbara Fuchs, Susanne Kurz, Claudia Köhler und Katharina Schulze befragte ich am 02.05.2019 die Staatsregierung bezüglich der Finanzierung und des Konzept für das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Unsere Fragen wurden am 24.06.2019 von dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst beantwortet:

Wir fragen die Staatsregierung:

1. a) Mit welchem konzeptionellen Ansatz bzw. fachwissenschaftlich-didaktischen Impetus findet die Darstellung der politischen Auseinandersetzung zwischen bayerischer Bevölkerung und Regierung in Wackersdorf in den 1980er-Jahren Eingang in das Museum?

b) Wie werden sich Dr. Petra Loibls Ausführungen im Ausschuss am 26.04.2017, dass Wackersdorf „im Rahmen einer Inszenierung ebenfalls die ihm gebührende Würdigung erfahren“ soll, konkret in der Ausstellung darstellen?

Das MdBG stellt den Weg Bayerns zum modernen Staat von ca. 1800 bis heute dar.
Für jede Generation bringt es drei bis vier Geschichten als Inszenierungen von Objekt
ensembles mit diversen Vertiefungsebenen auf die Bühne. Dabei geht es um die die jeweilige Generation prägenden historischen Ereignisse, wozu aus Sicht des Hauses der Bayerischen Geschichte (HdBG) auch der Widerstand gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf zählt. Für ein Museum ist außerdem von großer Bedeutung, dass solche Vorkommnisse über Exponate mit besonderer Aussagekraft vorgestellt werden, was über die unten erwähnten Transparente und das berühmte Brett vorm Hirn von Rudolf Forster eindrucksvoll möglich wird.

c) Werden die dem Museum der Bayerischen Geschichte (MdBG) laut Dr. Petra Loibl angebotenen Banner und Fahnen zum Protest in Wackersdorf Eingang in die Ausstellung finden?

Die Transparente werden im Original im Depot verwahrt und − um sie zu schonen und eine Inszenierung in Form eines Protestzuges zu ermöglichen − in der Ausstellung als Repliken gezeigt. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1 a und 1 b.

2. a) Nachdem laut Bericht des Donaukuriers vom 25.04.2019die Besucherinnen und Besucher auf der alten Bestuhlung des Landtages Platz nehmen und über Themen wie die Kruzifix- und die Nichtraucherschutzdebatte abstimmen dürfen, werden nun die in der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst vom 26.04.2017 von Dr. Petra Loibl als für die Debatte vorgegebenen Themen „Grundgesetz“ und „Wackersdorf“ nicht mehr diskutiert werden?

Zunächst werden die Abstimmungen zu Grundgesetz, Nichtraucherschutzgesetz und Kruzifix-Debatte verfügbar sein. Da die Landtagssitzungen erst seit kurzem filmisch dokumentiert werden, reicht das überlieferte Material nicht bei allen wichtigen Debatten für eine filmische Aufbereitung aus. Wackersdorf erschien aus Sicht des HdBG an dieser Stelle verzichtbar, weil es, wie oben geschildert, in der folgenden Generation ausführlich thematisiert wird. Bei neuen Funden erlaubt das gewählte System mit vertretbarem Aufwand Ergänzungen um weitere Debatten.

b) Wie sieht die Kooperation des Bayerischen Rundfunks (BR) – einschließlich des Fernsehens – mit dem Museum der Bayerischen Geschichte konkret aus?

Die Kooperation ermöglicht dem HdBG als wichtigsten Ertrag den Zugriff auf das BR-Archiv. Audio- und Bewegtbildquellen können für die Ausstellungsprojekte des HdBG (auch für die bayerischen Landesausstellungen) genutzt werden. Darüber hinaus unterstützt der BR das HdBG bei der Ausarbeitung der Angebote der Bavariathek, des medienpädagogischen Schulungszentrums des Museums, das 2020 eröffnet wird. Das HdBG steht dem BR im Gegenzug beratend bei wissenschaftlichen Recherchen zur Verfügung und unterstützt ihn bei der Entwicklung geschichtlicher Sendeformate. In der Bavariathek kann der BR im Rahmen gemeinsamer Bildungsprojekte die medienpädagogischen Studios mitnutzen. Der BR wird als Kulturpartner des HdBG auf den Kommunikationsmitteln des Museums und der Bavariathek mitgeführt.

3. a) Wie viele Ausstellungsstücke sind beim Museum der Bayerischen Geschichte bis heute eingegangen?

b) Wie viele der eingegangenen Ausstellungsstücke haben Eingang in die Ausstellung gefunden?

c) Welche Ausstellungsstücke werden nicht gezeigt?

Das HdBG zeigt in der Dauerausstellung des Museums etwa 1.000 Exponate und verwahrt zudem im Depot weitere 2.000 Objekte.

4. a) Warum hat sich das Museum gegen die Ausstellung dieser möglichen Exponate entschieden?

Museen sammeln nicht nur für die Dauerausstellung, sondern auch für zukünftige Präsentationen sowie zur Erforschung historischer Sachverhalte und zur Bewahrung des kulturellen Erbes. Diese Objekte werden in den Depots verwahrt. Das HdBG hat entsprechend seinem Museumskonzept, das mit diversen Fachgremien abgestimmt wurde, eine Auswahl nach der oben skizzierten wissenschaftlichen Fragestellung getroffen.

b) Warum stützt sich die Dauerausstellung in den ersten zwei bis drei Jahren stark auf Leihgaben, die dann sukzessive entfernt werden sollen?

c) Wie viele dieser Leihgaben sollen wieder entfernt werden?

6. a) Durch was sollen die entfernten Leihgaben ersetzt werden?

Nachdem das HdBG erst 2011 einen Sammlungsauftrag erhalten hat, können nicht alle zur Darstellung der bayerischen Geschichte seit 1800 notwendigen Exponate aus eigenen Beständen bestritten werden. Von daher waren Leihgaben insbesondere für das 19. Jahrhundert notwendig. Sie kommen ganz überwiegend aus bayerischen Museen. Von den 1.0 in der Dauerausstellung gezeigten Objekten stammen fast 500 aus eigenen Beständen. Der Rest sind Leihgaben, darunter mehr als die Hälfte Dauerleihgaben, die länger als drei Jahre verbleiben. Etwa 60 Exponate sind nur kurzfristig geliehen. Diese müssen ersetzt werden, größerenteils durch eigene Erwerbungen, teilweise durch neuerliche Leihgaben.

5. a) Woher stammen diese Leihgaben?

Ganz überwiegend aus Museen, zum geringeren Teil von privaten Sammlern.

b) Wie hoch sind die Kosten, die dem Museum für diese Leihgaben entstehen (bitte Aufschlüsselung nach Art der entstehenden Kosten)?

Übernommen werden bei längerfristigen Leihgaben, wenn nötig, die Restaurierungs- und Versicherungskosten. Für alle Leihgaben fallen Transportkosten an. Angefallen sind folgende Beträge (Stand: 07.05.2019):
An Leihgeber: 11.189,44 Euro,

für Restaurierungen von Leihgaben: 177.643,87 Euro,

für Versicherungen von Leihgaben: 11.600,85 Euro,

für Transporte von Leihgaben: 81.710,61 Euro.

c) An wen werden diese Gelder gezahlt?

Für Leihgaben an Leihgeber (staatliche und kommunale Museen oder Privatleute) Leih- und sonstige Gebühren, Übersetzungen; für Restaurierungen von Leihgaben Zahlungen an die Restauratoreninnen und Restauratoren; für Versicherungen von Leihgaben Zahlungen an die Versicherungen; für Transporte von Leihgaben Zahlungen an die
Transportunternehmen.

6. b) Mit welchen Anschaffungskosten für Ausstellungsstücke rechnet das Museum in den Jahren, bis die derzeitigen Leihgaben entfernt sind?

Das HdBG hält den im Haushaltsplan 2019/2020 vorgesehenen Betrag von 350.000 Euro (315.000 Euro nach Abzug der aktuellen Haushaltssperre) für die Einrichtung und Ausstattung des Museums sowie den Erwerb von Kunst- und Sammlungsgegenständen für auskömmlich, nicht nur, um die Leihgaben zu ersetzen, die an die Leihgeber zurückgehen, sondern auch, um dem Auftrag des Museums entsprechend die Geschichte der Gegenwart zu dokumentieren.

c) Wie fiel die Entscheidung darüber aus, ob ein Portrait aller bayerischen Ministerpräsidenten präsentiert werden solle?

Es gibt keine Galerie der bayerischen Ministerpräsidenten im Museum, so die Erläuterung des HdBG.

7. a) Inwiefern wird die Geschichte aller Bayern prägenden Parteien im Rahmen der Ausstellung thematisiert?

b) Welches Konzept liegt der Präsentation der politischen Landschaft Bayerns im Museum zugrunde?

Wie oben beschrieben verweist das HdBG auf den Rahmen der prägenden Ereignisse.
Zum Beispiel wird die Etablierung der Grünen als politische Partei in Verbindung zu Wa
ckersdorf dargestellt, die Rolle der SPD und der Abspaltung der USPD in Verbindung mit der Revolution von 1918 besonders thematisiert oder die CSU als die beherrschende Partei in der Generation 1975/2000 vorgestellt.

c) Anhand welcher Exponate werden die einzelnen bayerischen Parteien und die jeweilige Regierung dargestellt?

Um obige Beispiele wieder aufzunehmen, verweist das HdBG auf folgende Punkte: für die Grünen das Gewand des Bundestagsabgeordneten der ersten Generation Matthias Kreuzeder sowie ein Protestschild des BUND Naturschutz in Bayern e. V., für SPD und USPD die Zither von Albert Roßhaupter (1878 bis 1949) sowie vor allem Flugblätter der Revolutionszeit, dazu persönliche Gegenstände der Revolutionsführer, filmische Aufnahmen und Fotodokumentationen, für die CSU das Parteilogo der früheren Geschäftsstelle sowie filmische Einspielungen. Für weitere Informationen wird auf das beiliegende Museumsmagazin verwiesen.

8. a) Wie hoch war der Etat für die notwendige Grundlagenarbeit zur Erfüllung des Sammlungsauftrags?

Für die Grundlagenarbeit zur Erfüllung des Sammlungsauftrags ist kein gesonderter Etat ausgewiesen. Die Haushaltsmittel für das Museum einschließlich Sammlung sind in einer eigenen Titelgruppe (TG 94) veranschlagt. Eine Trennung zwischen der Konzeption des Museums und dem Aufbau der Sammlung ist nicht möglich, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl an der Konzeption der Dauerausstellung als auch an der Bereitstellung geeigneter Objekte arbeiten. Hierzu waren zuletzt vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, die etwa zu einem Drittel mit dem Sammlungsaufbau befasst waren. Weiter wird für die Objektbetreuung seit 05.01.2016 ein Mitarbeiter beschäftigt.

b) Welche Summe wurde für die Sammlung bis heute aufgewendet?

1.028.932,82 Euro (Stand: 07.05.2019).

c) Inwiefern findet eine geschichtliche Einordnun g des Wandteppichs des Landtages statt, der im Museum ausgestellt wird?

Wie bei allen gezeigten Objekten findet auch beim Wandteppich eine historische Einordnung dergestalt statt, dass er zusammen mit Präsidium und Teilen des Landtagsplenums von 1948 für den demokratischen Neubeginn nach der NS-Diktatur (NS = Nationalsozialismus) steht. Dass dieser Neubeginn nicht unproblematisch verlief, zeigt der Teppich im Besonderen, nachdem er von einem Künstler stammt, der auch für das NS-Regime tätig gewesen war.

 

Anlage: Museumsmagazin