Schriftliche Anfrage: Entzug der Arbeitserlaubnis geduldeter Iraker mit fester Arbeitsstelle in Oberfranken

Gemeinsam mit meinen Kolleginnen Gülseren Demirel und Ursula Sowa befragte ich am 13.12.2023 die Staatsregierung bezüglich des aktuellen Standes des Entzugs der Arbeitserlaubnis geduldeter Iraker mit fester Arbeitsstelle in Oberfranken. Unsere Fragen wurden am 07.01.2024 von dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration beantwortet:

Unsere Vorbemerkung:
Hintergrund sind aktuell medial präsent gewordene Fälle von Entzug der Arbeitserlaubnis bei geduldeten Irakern mit fester Arbeitsstelle in Oberfranken durch die Zentrale Ausländerbehörde Oberfranken in Bayreuth. Hinsichtlich des Fachkräftemangels ist dieses Verhalten zu hinterfragen (https://www.frankenpost.de/inhalt.integration-arbeit-
zaehlt-nichts-ab-in-den-irak.ab37fb99-9814-4365-a5c2-3c1d0caacadf.html).

Die Staatsregierung wird gefragt:

1.1 Wie viele Fälle von entzogener Arbeitserlaubnis bei geduldeten Menschen aus dem Ausland existieren aktuell in ganz Oberfranken (bitte aufgeschlüsselt nach Herkunftsländern der Betroffenen mit einer expliziten Nennung des Irak)?

1.2 Wie viele Fälle entzogener Arbeitserlaubnis bei geduldeten Menschen aus dem Ausland existieren in den einzelnen oberfränkischen Landkreisen (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Herkunftsländern der Betroffenen mit expliziter Nennung des Irak)?

1.3 Wie viele Fälle von entzogener Arbeitserlaubnis bei geduldeten Menschen aus dem Ausland gab es im Jahr 2023 in ganz Oberfranken (bitte aufgeschlüsselt nach Monaten oder Quartalen sowie den Herkunftsländern mit expliziter Nennung des Irak)?

2.1 Wie viele vertraglich beschäftigte Fachkräfte ausländischer Herkunft mit Duldung fielen durch den Entzug der Arbeitserlaubnis für die oberfränkischen Betriebe im Jahr 2023 weg (bitte aufgeschlüsselt nach Herkunftsländern der Betroffenen mit expliziter Nennung des Irak, nach Landkreisen und Monaten oder Quartalen)?

2.2 Wie viele der Betroffenen unter Frage 2.1 sind ungelernte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen oder haben keine in Deutschland anerkannte Ausbildung?

2.3 Wie viele der Betroffenen unter Frage 2.1 sind Fachkräfte mit in Deutschland anerkannter Berufsausbildung?

Die Fragen 1.1 bis 2.3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Daten zur Anzahl der Erteilung von Arbeitserlaubnissen und Daten zur Anzahl zum Entzug bzw. Erlöschen von Arbeitserlaubnissen werden weder im Ausländerzentralregister (AZR) noch in anderen Datenbanken noch sonst bayernweit erfasst und liegen folglich im Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration nicht vor. Eine
Datenerhebung außerhalb des AZR ist mit einem erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand verbunden und kann daher auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des sich aus Art. 13 Abs. 2, Art. 16a Abs. 1 und 2 Satz 1 Bayerische Verfassung (BV) ergebenden parlamentarischen Fragerechts der Abgeordneten des Landtags nicht erfolgen. Zur Bedeutung des AZR als grundlegende Datenbasis wird auf die Antwort der Staatsregierung vom 14.07.2020 auf die Interpellation der Abgeordneten Katrin Ebner-Steiner, Ferdinand Mang und Fraktion (AfD) vom 01.08.2019 betreffend „Die fiskalischen Lasten der ungesteuerten Zuwanderung in Bayern“ (Drs. 18/9356 vom 08.10.2020, dort insbesondere S. 13/14) verwiesen.

3.1 Mit welchem zeitlichen Vorlauf wird der Entzug der Arbeitserlaubnis den betreffenden Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und den Betrieben mitgeteilt?

3.2 Da eine betroffene Person beim Entzug der Arbeitserlaubnis die Möglichkeit hat, die Härtefallkommission einzuschalten, fragen wir, wie lange dauern die Entscheidungen der Härtefallkommission im Durchschnitt in Relation zu den mitgeteilten Fristen zur Arbeitsaufgabe?

3.3 Werden hierdurch Zeiten der Arbeitslosigkeit für betroffene Arbeitnehmer sowie vakante Stellen für betroffene Betriebe in Kauf genommen?

4. Nach welchen systematischen Kriterien gehen die Zentralen Ausländerbehörden in Bayern bei dem Entzug der Arbeitserlaubnis vor (bitte Nennung konkreter qualitativer oder quantitativer Selektionskriterien und ggf. Nennung der konkreten gesetzlichen Grundlage, von der diese abgeleitet werden)?

5.1 Gibt es beim Entzug der Arbeitserlaubnis bei geduldeten Arbeitskräften aus dem Ausland Unterschiede im Vorgehen bei bestimmten Berufsgruppen (falls ja, bitte Nennung der jeweiligen Berufsgruppen und der Begründung für das Vorgehen)?

5.2 Finden bei Berufsgruppen, die vom Fachkräftemangel in Deutschland besonders betroffen sind, Ausnahmen oder eine besondere Berücksichtigung statt hinsichtlich des Vorgehens des Entzugs der Arbeitserlaubnis durch die Ausländerbehörden?

6. Erfolgt der Entzug der Arbeitserlaubnis in Vorbereitung auf eine geplante Abschiebung in das Heimatland, einen sicheren Drittstaat oder einen anderen EU-Staat, der für das Asylverfahren zuständig ist (falls ja, bitte aufschlüsseln, in welches Land die Abschiebung erfolgen soll)?

7. Da nach dem Entzug der Arbeitserlaubnis Betroffene nicht mehr in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen, fragen wir, in die Zuständigkeit welcher Institution (Agentur für Arbeit, Jobcenter oder Sozialamt) fallen die Betroffenen nach Entzug ihrer Arbeitserlaubnis (bitte Angabe der Institution, Bezeichnung des Leistungsanspruchs und Höhe des Leistungsanspruchs)?

Die Fragen 3.1 bis 7 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Beschäftigungserlaubnisse von Asylbewerbern oder abgelehnten Asylbewerbern mit Duldung im Kontext mit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens oder dem Ende der Duldung regelmäßig nicht entzogen werden, sondern von Gesetzes wegen erlöschen. Vor diesem Hintergrund können die Fragen, die unter der Prämisse des Entzugs von Arbeitserlaubnissen gestellt werden, nicht beantwortet werden.
Im Einzelnen gilt hier Folgendes:
Solange Asylbewerber sich im laufenden Asylverfahren befinden, ist deren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gestattet. Während der Aufenthaltsgestattung gilt nach den bundesrechtlichen Vorgaben im Asylgesetz ein Erwerbstätigkeitsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Eine Beschäftigungserlaubnis kann dabei nur als Zusatz zur Aufenthaltsgestattung erteilt werden. Endet das Asylverfahren negativ, erlischt die Aufenthaltsgestattung und mit ihr auch die Beschäftigungserlaubnis von Gesetzes wegen.
Ähnlich verhält es sich im Falle von Beschäftigungserlaubnissen für Geduldete. Auch für Geduldete gilt ein Erwerbstätigkeitsverbot mit Erlaubnisvorbehalt und eine Beschäftigungserlaubnis kann nur als Zusatz zur Duldung erteilt werden. Erlischt eine Duldung oder wird nicht mehr verlängert, weil kein Duldungsgrund mehr besteht, erlischt auch die Beschäftigungserlaubnis von Gesetzes wegen.
Soweit die Anfrage möglicherweise darauf abzielt, wie eine Beschäftigung bei Aufenthaltsbeendigungen berücksichtigt wird, und im Hinblick auf den in der Schriftlichen Anfrage in Bezug genommenen Presseartikel, wird auf die Beantwortung der Anfrage zum Plenum der Abgeordneten Gülseren Demirel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) anlässlich des Plenums in der 49. Kalenderwoche betreffend „Keine Abschiebung von Geflüchteten, die arbeiten“ verwiesen (Drs. 19/118 vom 04.12.2023). Die bayerischen Ausländerbehörden sind an die bundesgesetzlichen Regelungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht, die asylrechtlichen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sowie die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte gebunden. Sie prüfen nach dem negativen Abschluss eines Asylverfahrens die Umstände jedes Einzelfalles nochmals nach Maßgabe des geltenden Ausländerrechts anhand aller ihnen bekannten
Informationen. Von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wird dabei abgesehen und die Fortsetzung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit ermöglicht, sofern dies unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalles rechtlich zulässig ist.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge des bundesgesetzlich zwingenden Erlöschens der Beschäftigungserlaubnis erhalten die Betroffenen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), soweit ein entsprechender Bedarf besteht, also nicht ausreichend Einkommen und/oder Vermögen vorhanden ist.
Zuständig für die Gewährung der AsylbLG-Leistungen sind die Behörden nach § 12 Asyldurchführungsverordnung. Die grundsätzliche Höhe des Leistungsanspruchs ist insbesondere abhängig davon, ob die Betroffenen Grundleistungen nach § 3 AsylbLG oder sogenannte Analogleistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, des Weiteren, in welcher Regelbedarfsstufe sie sind und ob Sonderbedarfe bestehen. Ein alleinstehender Erwachsener, der in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt und dort neben der Unterkunft mit Strom und Heizung keine Sachleistungen erhält und der keinen Sonderbedarf hat, hat Stand 18.12.2023 im Grundleistungsbezug einen Anspruch auf monatlich 410 Euro
und im Analogleistungsbezug auf monatlich 502 Euro.