Schriftliche Anfrage: Aufbau der gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder

Am 11.05.2021 befragte ich die Staatsregierung bezüglich des Aufbaus einer gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder. Meine Fragen wurden am 15.06.2021 von dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration beantwortet:

Mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 steht der Aufbau einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde der Länder an.

Vorbemerkung des Staatsministeriums:
Der am 01.07.2021 in Kraft tretende Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) sieht die Schaffung einer Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder vor (siehe § 27a ff GlüStV 2021). Diese wird zum 01.07.2021 als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Sachsen-Anhalt errichtet. Träger der Anstalt sind die Länder. Die Beteiligung aller Länder wird über einen Verwaltungsrat (§ 27h GlüStV 2021) sichergestellt. Nach Gründung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde wird es zunächst eine Übergangsphase zwischen dem 01.07.2021 und dem 31.12.2022 geben. In dieser Zeit wird es weitestgehend bei den bisherigen Zuständigkeiten der Länder in den ländereinheitlichen Verfahren gemäß § 9a GlüStV 2021 bzw. gebündelten Verfahren gemäß § 19 Abs. 2 GlüStV 2021 bleiben. Die neu geschaffenen Erlaubnisverfahren für Online-Glücksspiel (Online-Poker, virtuelle Automatenspiele) wird das Land Sachsen-Anhalt übernehmen.
Ab 01.01.2023 wird die Gemeinsame Glücksspielbehörde dann vollständig für alle ländereinheitlichen und gebündelten Verfahren sowie für den bundesweiten Vollzug im Internet zuständig sein.

Ich frage die Staatsregierung:

1. a) An welchem genauen Standort in Sachsen-Anhalt wird die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder ihren Sitz haben?

In Halle (Saale).

b) Wann und wie wird über die personelle Ausstattung der Glücksspielbehörde entschieden?

Gemäß § 27j Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021 ist die Anstalt Dienstherr im Sinne des Landesrechts des Sitzlandes. Die Personalausstattung erfolgt nach Maßgabe des Wirtschaftsplans, der gemäß § 27h Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 GlüStV 2021 vom Verwaltungsrat beschlossen werden muss. Dies kann erst nach Gründung der Anstalt geschehen.

c) Welchen Einfluss hat der Freistaat Bayern als Teil der Ländergemeinschaft auf die Gründung und den Aufbau der Glücksspielbehörde?

Die wesentlichen Maßgaben für die Gründung der Anstalt ergeben sich bereits aus § 27a ff GlüStV 2021. Bayern wird nach Maßgabe des § 27h GlüStV 2021 über den Verwaltungsrat in grundsätzlichen Angelegenheiten der Anstalt mitbestimmen. Über vorbereitende Maßnahmen berichtet das Land Sachsen-Anhalt regelmäßig den Innenministerien, u. a. im Rahmen des Glücksspielkollegiums.

2. a) Zu welchem Zeitpunkt wird die Glücksspielbehörde voraussichtlich arbeitsfähig sein?

Die Anstalt wird als Erlaubnis- und Aufsichtsbehörde für länderübergreifende Glücksspielangebote ihre nach dem GlüStV 2021 festgelegte Zuständigkeit nach Ablauf der Übergangsfristen des § 27p GlüStV 2021 ab dem 01.01.2023 vollständig wahrnehmen.

b) Wann sind die Sperr-, Einzahlungslimit- und Aktivitätsdatei voraussichtlich voll einsatzfähig?

Die Sperrdatei ist bereits nach dem derzeit geltenden GlüStV in Betrieb und damit voll einsatzfähig. Die Datei wird gemäß § 27p Abs. 4 GlüStV 2021 zunächst weiterhin vom Land Hessen geführt. Der Anschluss der Anbieter der neu hinzukommenden Spielformen erfolgt nach Inkrafttreten des GlüStV 2021 im Zuge der zu erteilenden glücksspielrechtlichen Erlaubnisse sukzessive nach Maßgabe der personellen und sächlichen Ressourcen.
Die anderen Dateien werden derzeit entwickelt und voraussichtlich zum 01.07.2021 einsatzbereit sein.

c) Wie werden Ausnahmen vom Einzahlungslimit nach § 27f GlüStV 2021 in der Datei abgebildet?

Da die Dateien noch in der Entwicklung sind, bestehen hierzu keine Erkenntnisse der Staatsregierung.

3. a) Kontrolliert die Glücksspielbehörde die Ausnahmen vom Einzahlungslimit bei den Anbietern?

Die Anstalt nimmt ihre Arbeit zum 01.01.2023 auf. Übergangsweise ist bis dahin gemäß § 27p Abs. 4 Nr. 2 GlüStV 2021 die Führung der Limitdatei Aufgabe der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Sachsen-Anhalt. Bei ihr liegt auch die Aufsicht für die Einhaltung des Einzahlungslimits.

b) Wenn ja, wie?

Da die Dateien noch in der Entwicklung sind, bestehen hierzu keine Erkenntnisse der Staatsregierung.

c) Wenn nein, wer übernimmt die Kontrolle stattdessen?

Entfällt.

4. Wie hoch werden die Kosten des Betriebs der Behörde voraussichtlich jährlich sein?

Die Ministerpräsidenten haben mit Beschluss vom 12.03.2020 dem Land Sachsen-Anhalt die Erstattung der Kosten für den Aufbau der Gemeinsamen Glücksspielbehörde bis zu deren Gründung zugesagt. Diese belaufen sich derzeit auf rund 6,1 Mio. Euro. Darin sind Kosten von 1,04 Mio. Euro für die Übernahme von Software des Landes Schleswig-Holstein enthalten (Safe-Server-System GLAS).
Nach § 27c Abs. 4 GlüStV 2021 erhält die Anstalt daneben für das Rumpfgeschäftsjahr 2021 von den Ländern 3 Mio. Euro. Die Kosten der Anstalt für das Jahr 2022 werden auf 5,8 Mio. Euro, für das Jahr 2023 auf 12,8 Mio. Euro geschätzt.

5. a) Wer legt die Ausgestaltung der Algorithmen zur Spielsuchtfrüherkennung bei den einzelnen Glücksspielarten, die nach § 6i Glücksspielstaatsvertrag 2021 bei der Erlaubnis festgelegt werden müssen, jeweils fest?

Die Pflicht nach § 6i Abs. 1 GlüStV 2021, ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhendes, auf Algorithmen basierendes automatisiertes System zur Früherkennung von glücksspielsuchtgefährdeten Spielern und von Glücksspielsucht einzusetzen, trifft den Veranstalter von Glücksspielen. In der Suchtforschung sind unterschiedliche Verhaltensweisen und Verhaltensmuster bekannt, die Anhaltspunkte für pathologisches Spielen bieten (z. B. Veränderungen im Spielverhalten wie häufigeres oder längeres Spielen und der Versuch, Verluste durch höhere Einsätze zu kompensieren). Die Erlaubnisbehörde prüft im Rahmen des Erlaubnisverfahrens, ob das vorgelegte System den aktuellen Anforderungen der Suchtforschung entspricht. Entsprechende Systeme sind bereits heute auf dem freien Markt erhältlich.

b) Woher kommt die Expertise bzw. auf welcher konkreten wissenschaftlichen Grundlage werden sie festgelegt?

Siehe Antwort zu Frage 5 a.

c) Welche Parameter oder Daten werden herangezogen?

Gemäß § 6i Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 hat das System zur Spielsuchtfrüherkennung jedenfalls die auf dem Spielkonto zu erfassenden Daten (siehe dazu §§ 6a, 6b GlüStV 2021) auszuwerten. Ob weitere Parameter herangezogen werden können, hängt vom jeweiligen Stand der suchtwissenschaftlichen Erkenntnis sowie der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Erhebung und Verarbeitung des jeweiligen Datums ab.

6. a) Welche Schwellenwerte gelten bei der Spielsuchtfrüherkennung aus Frage 5 jeweils bei den einzelnen Glücksspielarten?

Der GlüStV 2021 sieht keine allgemein gültigen Schwellenwerte für die einzelnen Glücksspielarten vor. Die Parameter der vorzulegenden Konzepte zur Früherkennung von Glücksspielsucht sind nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen des Erlaubnisverfahrens zu bewerten.

b) Was passiert bei Überschreitung der Schwellenwerte?

Gemäß § 6i Abs. 1 Satz 4 GlüStV 2021 sind die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn das System zur Spielsuchtfrüherkennung einen möglicherweise glücksspielsuchtgefährdeten Spieler identifiziert, im jeweiligen Sozialkonzept des Veranstalters festzulegen.

c) Welche Maßnahmen muss der Seitenbetreiber ergreifen?

Die Maßnahmen hängen gemäß § 6i Abs. 1 Satz 4 GlüStV 2021 vom jeweiligen Sozialkonzept des Veranstalters ab. Sie werden im Rahmen der Erlaubniserteilung auf Recht- und Zweckmäßigkeit (u. a. Tauglichkeit zur Erreichung des Zieles des Spielerschutzes) überprüft.

7. a) Welche Stelle ist jeweils für die Kontrolle und Weitergabe der Kontrollergebnisse an die zuständigen Behörden zuständig?

Die Festlegung von Zuständigkeiten innerhalb seines Unternehmens ist Sache des Veranstalters.

b) Fließen in die Bewertung nur Daten des Spielverhaltens oder auch andere Daten wie die Häufigkeit, Frequenz von Einzahlungen auf das Spielerkonto und deren Veränderung, Beschwerden beim Support etc. ein?

Siehe Antworten zu den Fragen 5 a und 5 c.

8. a) Wie werden die im Glücksspielstaatsvertrag verankerten Vorgaben für Online-Glücksspielangebote in der Übergangszeit nach § 29 p des Glücksspielstaatsvertrags kontrolliert?

Gemäß § 27p Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 9a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GlüStV 2021 übt die Glücksspielaufsicht in der Zeit bis zum 31.12.2022, soweit sich diese auf Erlaubnisse für die Vermittlung von Sportwetten im Internet, die Veranstaltung von Sportwetten und die Erlaubnis nach § 27 Abs. 2 GlüStV 2021 bezieht, die zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Hessen und im Übrigen die zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Sachsen-Anhalt aus. Auch für Maßnahmen wegen unerlaubten öffentlichen Glücksspiels und der Werbung hierfür, welches im Internet in mehr als einem Land angeboten wird, ist gemäß § 27p Abs. 2 i. V. m. § 9a Abs. 3 Nr. 2 GlüStV 2021 die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Sachsen-Anhalt zuständig.
Die Aufsicht verwertet alle ihr vorliegenden Erkenntnisse. Ihr stehen insbesondere die in § 9 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021 genannten Befugnisse zu.

b) Inwiefern werden die nach § 29p verteilten Aufgaben zwischen den Bundesländern laufend koordiniert?

§ 27p GlüStV 2021 sieht eine klare Zuständigkeitsverteilung vor. Einer Koordinierung bedarf es insoweit nicht.

c) Welche Aufgaben werden dabei ggf. von Aufsichtsbehörden in Bayern wahrgenommen?

Bayern wirkt bei den Verfahren nach § 27p GlüStV 2021 über das Glücksspielkollegium gemäß § 27p Abs. 6 bis 9 GlüStV 2021 mit.