Schriftliche Anfrage: Aktueller Stand: Cum-Ex- und Cum-Cum-Ermittlungen in Bayern

Am 02.08.2022 befragte ich die Staatsregierung bezüglich dem aktuellen Stand zu den Cum-Ex- und Cum-Cum-Ermittlungen in Bayern. Meine Fragen wurden am 12.09.2022 von dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat im Einvernehmen mit den Staatsministerien der Justiz sowie des Innern, für Sport und Integration sowie für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie beantwortet:

Meine Vorbemerkung:
Laut Bericht des Obersten Rechnungshofs (ORH-Bericht) 2022 versuchten Steuerpflichtige mittels Cum-Ex- und Cum-Cum-Gestaltungen in Bayern unrechtmäßige Steuervorteile von mindestens 865 Mio. Euro zu erlangen. Davon sind 390 Mio. Euro noch nicht wieder zurückgezahlt worden.

Vorbemerkung des Ministeriums:
Eine allgemein gültige oder juristische Definition der Begriffe „Cum-Geschäfte“,
„Cum-Verfahren“ und „Cum-Verdachtsfälle“ existiert nicht.
Die nachstehenden Antworten beziehen sich daher auf Verfahren im Zusammenhang
mit Cum-Ex-, Cum-Cum- und sogenannten Cum-Fake-Gestaltungen. Dabei werden Cum-Fake-Gestaltungen als Gestaltungen im Zusammenhang mit dem Handel von vorläufigen Hinterlegungsscheinen auf deutsche Aktien (sogenannte Pre-Release-ADRs) auf dem US-Kapitalmarkt verstanden.
Die Angaben zu den im Raum stehenden Cum-Gestaltungen unterliegen aufgrund
fortschreitender Verfahren und besserer Erkenntnisse einem steten Wandel. Die in den nachfolgenden Antworten genannten Zahlen weichen deshalb von den in der Schriftlichen Anfrage zugrunde gelegten Werten aus dem am 05.04.2022 veröffentlichtem Jahresbericht 2022 des ORH zum Teil ab. Erst mit Abschluss aller Ermittlungen sowie mit Erledigung aller Rechtsbehelfsverfahren kann beziffert werden, ob und in welcher Höhe ein Steuerausfall eingetreten ist.

Die Staatsregierung wird gefragt:

1.1 Wie ist der Stand von Ermittlungsverfahren bzw. Verdachtsfällen mit Bezug zu Cum-Geschäften nach Kenntnis der Staatsregierung (bitte jeweils getrennt nach Cum-Ex, Cum-Cum und Cum-Fake inkl. Verdachtsmomenten, Anzahl betroffener natürlicher bzw. juristischer Personen und finanziellem Umfang angeben)?

1.2 Wie ist der Stand von Anklagen mit Bezug zu Cum-Geschäften nach Kenntnis der Staatsregierung (bitte jeweils getrennt nach Cum-Ex, Cum-Cum und Cum-Fake inkl. Verdachtsmomenten, Anzahl betroffener natürlicher bzw. juristischer Personen und finanziellem Umfang angeben)?

1.3 Welche bayerischen Staatsanwaltschaften bearbeiten aktuell Fälle, die im Bezug zu Cum-Geschäften stehen (bitte jeweils getrennt nach Cum-Ex, Cum-Cum und Cum-Fake angeben inkl. aktuellem Ermittlungsstand, Verhandlungsstand, finanziellem Umfang und Anzahl der Anklagen)?

Die Fragen 1.1 bis 1.3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Es wird davon ausgegangen, dass mit den angefragten „Ermittlungsverfahren und
Verdachtsfällen“ nur Fälle mit möglicher strafrechtlicher Relevanz gemeint sind. Der Begriff „Verdachtsfälle“ in Frage 1.1 wird in Abgrenzung zu dem Begriff „Ermittlungsverfahren“ dahingehend verstanden, dass nach Vorermittlungsverfahren gefragt wird, bei denen in einem konkreten Einzelfall das Vorliegen eines Anfangsverdachts geprüft wird.
Ferner wird die Fragestellung in 1.1 und 1.2 dahingehend verstanden, dass mit „betroffenen natürlichen Personen“ bei Ermittlungsverfahren eingetragene Beschuldigte und bei Vorermittlungsverfahren sowie Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) die jeweils Betroffenen gemeint sind. Zu der Frage nach „betroffenen juristischen Personen“ werden juristische Personen, gegen die Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 30 OWiG eingeleitet worden sind, und bei Vorermittlungsverfahren juristische Personen, die möglicherweise an „Cum-Geschäften“ beteiligt waren, mitgeteilt.
Soweit in den Fragen 1.1 bis 1.3 nach dem „finanziellen Umfang“ der Geschäfte ge
fragt ist, wird der Gesamtbetrag der verkürzten Steuern, der jeweils Gegenstand der Prüfungen ist, genannt.
Als „Verdachtsmoment“ wird der jeweilige Anlass für die Eintragung des Ermittlungs-
oder Vorermittlungsverfahrens angegeben.
Mit diesen Maßgaben konnten nach Auskunft der bayerischen Staatsanwaltschaften
mit den dort vorhandenen Recherchemöglichkeiten zum einen die in der Antwort zur Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Tim Pargent(BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN) vom 26.08.2021 betreffend „Stand der Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerraubs in Bayern“ (Drs.18/18066, dort Antworten auf die Fragen 1.1 bis 1.3, 2.1 bis 2.2 und 4.1 bis 4.2) aufgeführten (Vor-)Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellung festgestellt werden, wobei sich in dem Ermittlungsverfahren gemäß Zeile 3 der Tabelle zu den Cum-Ex-Gestaltungen (Seite4/5 der Drs.18/18066) der finanzielle Umfang nach aktuellem Ermittlungsstand auf ca. 5,8 Mio. Euro beläuft. Die festgestellten Verfahren betreffen Cum-Ex- und Cum-Cum-Gestaltungen. Vorgänge im Zusammenhang mit Cum-Fake-Gestaltungen wurden nicht festgestellt.
Die bayerischen Staatsanwaltschaften haben dabei insbesondere auf die zur Ver
fügung stehenden Suchfunktionen im Fachverfahren „web.sta“, das in Bayern und in acht weiteren Bundesländern bei den Staatsanwaltschaften verwendet wird, zurückgegriffen.
Sämtliche festgestellten, in Bayern geführten Verfahren werden bzw. wurden von der
Staatsanwaltschaft München I geführt. Zusätzlich ist die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts München an mehreren Verfahren der Staatsanwaltschaft Köln beteiligt.
Zum anderen ist seit der vorgenannten Antwort bei der Staatsanwaltschaft München I
ein weiterer Sachverhalt zu einer Cum-Cum-Gestaltung bekannt und Gegenstand eines Vorermittlungsverfahrens geworden. Die Staatsanwaltschaft München I hat insoweit mit Verfügung vom 10.05.2022 gemäß § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen, da nach ihrer Einschätzung keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Straftaten vorlagen.
Ein Teil der in der vorgenannten Antwort als anhängig aufgeführten (Vor-)Er
mittlungsverfahren konnte von der Staatsanwaltschaft München I zwischenzeitlich abgeschlossen werden. In dem Vorermittlungsverfahren gemäß Zeile 4 der Tabelle zu den Cum-Cum-Gestaltungen (Seite 6 der Drs.18/18066, finanzieller Umfang ca. 480,3 Mio. Euro) wurde mit Verfügung vom 30.05.2022 nach § 152 Abs. 2 StPO von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft München I waren in der konkret vorliegenden Sachverhaltskonstellation keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Straftaten vorhanden. Das Verfahren wurde zur Verfolgung etwaiger Ordnungswidrigkeiten an die Finanzbehörden abgegeben.
In dem Ermittlungsverfahren gemäß Zeile 2 der Tabelle zu den Cum-Ex-Gestaltungen (Seite4/5 der Drs. 18/18066)wurde das Verfahren nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft München I mit Verfügungen im Zeitraum von Juli 2020 bis Juli 2022 gegen insgesamt 32 Beschuldigte (19 davon im Zeitraum von Dezember 2021 bis Juli 2022) abgetrennt und insoweit jeweils an die Staatsanwaltschaft Köln zur Übernahme abgegeben. Die Übernahme durch die Staatsanwaltschaft Köln ist zwischenzeitlich im Hinblick auf insgesamt 14 Beschuldigte erfolgt (Stand: 05.09.2022). Gegen zwei weitere Beschuldigte wurde das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 17.12.2021 gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Im Übrigen dauern die Prüfungen der Staatsanwaltschaft München I, auch im Hinblick
auf mögliche Anklagen, an.

2.1 Wie viele Personalstellen sind seit 2012 jeweils im Staatsministerium der Justiz, des Innern, für Sport und Integration und der Finanzen und für Heimat, den nachgelagerten Behörden (insbesondere Landeskriminalamt, Landesamt für Steuern) und in den extra gegründeten Spezialeinheiten für die Aufarbeitung bekannter und der Aufdeckung noch unbekannter Cum-Ex-, Cum-Cum- und Cum-Fake-Geschäfte zuständig (bitte Angaben pro Jahr)?

2.2 Durch welche Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen stellt die Staatsregierung sicher, dass die mit der sowohl steuer- als auch strafrechtlichen Aufarbeitung der Cum-Cum- und Cum-Ex-Fälle betreuten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ausreichendes Fachwissen verfügen, um alle Ausgestaltungen dieser Geschäfte erkennen und rechtlich würdigen zu können?

Die Fragen 2.1 und 2.2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Nachdem die Cum-Ex- und Cum-Cum-Sachverhalte bei der Staatsanwaltschaft
München I zunächst durch einen Staatsanwalt als Gruppenleiter bearbeitet wurden, sind seit 2016 zwei Staatsanwältinnen (als Gruppenleiterinnen) bzw. Staatsanwälte (als Gruppenleiter) mit den entsprechenden Sachverhalten befasst. Die befassten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte verfügen über die erforderliche steuerliche und steuerstrafrechtliche Expertise und stehen in einem engen fachlichen Austausch mit der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts München. Einschlägige Literatur und Rechtsprechung werden fortlaufend ausgewertet.
Vor dem Hintergrund der Cum-Ex- und Cum-Cum-Sachverhalte wie auch der sons
tigen bei der Staatsanwaltschaft München I anhängigen Großverfahren aus dem Steuerstrafrecht wird das Staatsministerium der Justiz zusammen mit dem Generalstaatsanwalt in München die zuständige Abteilung der Staatsanwaltschaft München I im Herbst 2022 um eine zusätzliche Stelle für eine Staatsanwältin als Gruppenleiterin oder für einen Staatsanwalt als Gruppenleiter verstärken.
Auf Grundlage der Bekanntmachung des Staatsministeriums der Justiz über die Be
richtspflichten in Strafsachen (BeStra) vom 07.12.2005 (Justizministerialblatt – JMBl. 2006 S. 2) berichtet die Staatsanwaltschaft München I zu den Cum-Gestaltungen über den Generalstaatsanwalt in München an das zuständige Fachreferat für Wirtschaftsstrafsachen im Staatsministerium der Justiz. Befasst sind insoweit der Referatsleiter und eine Mitarbeiterin.
Für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat wird grundsätzlich auf die Antwort zur Frage 5.1 der Schriftlichen Anfrage vom 26.08.2021 („Stand der Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerraubs in Bayern“, Drs. 18/18066) verwiesen. Wie darin bereits mitgeteilt, variiert die Besetzung der Cum-Ex-Taskforce im Bereich der Betriebsprüfung je nach Arbeitsbelastung; in der letzten Zeit waren regelmäßig zehn Beschäftigte tätig. Im Bereich der Steuerfahndung sind im auf Cum-Ex-Gestaltungen spezialisierten „Sachgebiet SF 19“ aktuell 14 Beschäftigte tätig (zuzüglich einem IT-Fahndungsprüfer auf Abruf).
Mit der Einrichtung und dem laufenden engen Erfahrungsaustausch der beiden zent
ralisierten Ermittlungseinheiten Taskforce Cum-Ex und Sachgebiet SF 19 wurde und wird dafür Sorge getragen, dass eine effektive Abarbeitung der Cum-Ex-Fälle erfolgen kann. In Zweifelsfragen wurde und wird deren Vorgehen eng mit dem Landesamt für Steuern abgestimmt. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch erfolgt darüber hinaus auch mit anderen Behörden der Länder und des Bunds.
Hinsichtlich der Cum-Cum-Gestaltungen ist grundsätzlich jedes Finanzamt selbst für
die Überprüfung der in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Fälle zuständig. Im Jahr 2018 wurde am Landesamt für Steuern eine Stelle für Cum-Cum-Gestaltungen als zentraler Ansprechpartner für sämtliche bayerischen Finanzämter zur Einholung von rechtlicher Unterstützung eingerichtet. Die Zentralstelle besteht aus zwei ehemaligen Betriebsprüferinnen. Bei Bedarf werden durch die Zentralstelle auch weitere Gestaltungen am Kapitalmarkt betreut.
Durch Schulungsmaßnahmen und Fortbildungsveranstaltungen werden die Be
schäftigten der Finanzämter, die mit möglichen Risikofällen in Kontakt kommen können, für Cum-Cum-Gestaltungen oder weitere Gestaltungen am Kapitalmarkt sensibilisiert. Bei rechtlichen Zweifelsfragen steht die Zentralstelle für Cum-Cum-Gestaltungen im Landesamt für Steuern als zentraler Ansprechpartner zur Verfügung.
Bei Einzelfällen, die mehrere Bundesländer betreffen, erfolgt ein Austausch zwischen
den zuständigen Bearbeitern der betroffenen Bundesländer.
Eine Betroffenheit des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration und
der (polizeilich) nachgelagerten Behörden ergibt sich nicht, da für das Ermittlungsverfahren bei dem Verdacht einer Steuerstraftat hier keine Zuständigkeit gegeben ist.
Ergänzend erfolgt auch bei einer gegebenenfalls erforderlichen Amtshilfe für die zu
ständigen Strafverfolgungsbehörden bei der Bayerischen Polizei keine statistische, automatisierte Erfassung im Sinne der Fragestellung.

2.3 In wie vielen Fällen von Verfahren oder Verdachtsmomenten zu Cum-Ex-, Cum-Cum- oder Cum-Fake-Geschäften wurden den Strafverfolgungs- und Finanzbehörden in Bayern konkrete Hinweise oder Verdachtsfälle von Seiten den Bundesbehörden mitgeteilt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr und Behörde)?

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft München I wurden dort entsprechende Mitteilungen von Bundesbehörden nicht festgestellt. In der Finanzverwaltung werden dazu keine statistischen Aufzeichnungen geführt.

3.1 Wie viele Cum-Verdachtsfälle bzw. Cum-Verfahren haben die Strafverfolgungs- und Finanzbehörden in Bayern seit 2012 registriert und bearbeitet (bitte Angaben pro Jahr und Summe der unrechtermäßig erworbenen Steuervorteile)?

Auf die Antwort zu den Fragen 1.1 bis 1.3 und die Drs. 18/18066 wird Bezug genommen.
Die bayerischen Finanzbehörden sind an den Verfahren der Staatsanwaltschaft
München I beteiligt, darüber hinaus auch an einer größeren Anzahl an Fällen anderer (nicht bayerischer) Behörden. Insgesamt beschäftigte sich die Finanzverwaltung in Bayern bisher mit 42 Cum-Ex-Fallkomplexen und neun Fallkomplexen mit missbräuchlichen Cum-Cum-Gestaltungen. Fälle, die hinsichtlich möglicher missbräuchlicher Cum-Cum-Gestaltungen überprüft werden und bei denen sich ein Verdacht nicht bestätigen konnte, werden statistisch nicht erfasst.

3.2 Welche konkreten Maßnahmen wurden unternommen, um die noch ausstehenden 390 Mio. Euro aus unrechtmäßig erworbenen Steuervorteilen durch Cum-Geschäfte zurückzuerlangen?

Die Höhe der offenen Rückforderungen und noch in Prüfung befindlichen Beträge aus Cum-Ex-Fallkomplexen werden vom Landesamt für Steuern nach derzeitigem Stand auf zusammen etwa 299,22 Mio. Euro beziffert (offene Rückforderungen 14,26 Mio. Euro sowie etwa 284,96 Mio. Euro noch in Bearbeitung). Bei den bisher als unrechtmäßig erkannten Cum-Cum-Fällen beläuft sich diese Summe insgesamt auf rund 144,1 Mio. Euro (offene Rückforderungen 75,5 Mio. Euro sowie etwa 68,6 Mio. Euro noch in Bearbeitung). Darüber hinaus haben Prüfungen zu weiteren Cum-Cum-Gestaltungen begonnen.
Die noch in Bearbeitung befindlichen Fallkomplexe werden im Rahmen der Ermitt
lungs- bzw. Rückforderungsverfahren geprüft. Die offenen Rückforderungen sind im Zuge anhängiger Rechtsbehelfsverfahren größtenteils ausgesetzt. Im Übrigen können zu konkreten Erhebungsmaßnahmen wegen des zu wahrenden Steuergeheimnisses nach § 30 Abgabenordnung (AO) keine Angaben gemacht werden. Die hier gebotene Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen, dem Steuergeheimnis und dem parlamentarischen Informationsrecht rechtfertigt keine Offenbarung steuerlicher Verhältnisse.
Im Hinblick auf die Cum-Cum-Gestaltungen waren strafprozessuale Maßnahmen,
um Steuervorteile zurückzuerlangen, rechtlich nicht möglich, weil von der Staatsanwaltschaft München I insoweit mangels zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für Straftaten keine Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden.
Im Hinblick auf die Cum-Ex-Gestaltungen liegen nach Einschätzung der Staats
anwaltschaft München I in der Mehrzahl der Ermittlungsverfahren in Bezug auf die Kapitalertragssteuer die Voraussetzungen für strafprozessuale vermögensabschöpfende Maßnahmen (derzeit) nicht vor. Maßnahmen zur Sicherung der Vermögensabschöpfung wurden gegen zwei Beschuldigte betreffend ihre Einkommensteuer durchgeführt.

3.3 In wie vielen der o. g. Fälle war eine Rückforderung aufgrund von verfahrensrechtlichen Gründen (insbesondere durch Festsetzung- oder Anrechnungsverjährung) nicht mehr möglich (bitte Anzahl der Fälle nach Jahr und verfahrensrechtlicher Begründung)?

Der bayerischen Finanzverwaltung sind derzeit hinsichtlich Cum-Ex keine Fälle bekannt, bei denen aufgrund von Verjährungstatbeständen eine Rückforderung von Steuerbeträgen nicht mehr möglich wäre. Hinsichtlich Cum-Cum ist bei einem Fall bzw. bei einem Fall zum Teil bereits Zahlungsverjährung eingetreten. Betroffen sind die Jahre 2009 bis 2011, bei denen bereits bei Entdecken der missbräuchlichen Gestaltungen Verjährung eingetreten war.

4.1 Wie viele Verdachtsmomente bzw. konkrete Fälle von Transaktionen, die steuerlich motivierte Wertpapierhandelsstrategien verfolgen bzw. verfolgt hätten, wurden bis dato von der bayerischen Börsenaufsichtsbehörde gemeldet (bitte Angaben pro Jahr, Anzahl der Verdachtsfälle und des entstandenen Steuerschadens bei stattgefundenen Leerverkäufen)?

Nach Mitteilung des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wurden von der bayerischen Börsenaufsichtsbehörde bis dato keine Verdachtsmomente bzw. konkrete Fälle von Transaktionen gemeldet, die steuerlich motivierte Wertpapierhandelsstrategien verfolgen bzw. verfolgt hätten.

4.2 In welcher Form und in welchem Turnus informiert die Börsenaufsichtsbehörde die bayerischen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden über Verdachtsmomente zu Cum-Geschäften?

Die bayerische Börsenaufsichtsbehörde informiert die bayerischen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden infolge von Auskunftsersuchen dieser Behörden. Bis dato wurden keine Auskunftsersuchen an die bayerische Börsenaufsichtsbehörde gestellt.

4.3 In welcher Form und in welcher Regelmäßigkeit findet die Abstimmung zu Verfahren oder Verdachtsmomenten zu Cum-Geschäften zwischen den bayerischen Behörden (inkl. der Börsenaufsicht) und den Bundesbehörden statt?

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft München I findet von dort eine Abstimmung mit Bundesbehörden anlassbezogen statt.
Im Bereich der Finanzverwaltung finden regelmäßig Abstimmungen in Form von
fallbezogenen Besprechungen und Schriftverkehr mit den Bundesbehörden statt.
Darüber hinaus finden diverse Bund-Länder-Arbeitsgruppensitzungen statt, die die
Kapitalmarktbesteuerung zum Gegenstand haben (z. B. DAC 6, KESS-Datenbank).
Nach Mitteilung des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und
Energie findet eine Abstimmung zu Verfahren oder Verdachtsmomenten zu Cum-Geschäften zwischen den bayerischen Behörden (inkl. der Börsenaufsicht) und den Bundesbehörden insbesondere im Rahmen der zweimal jährlich stattfindenden Sitzungen des Länderarbeitskreises für Börsen- und Wertpapierfragen statt.