Schriftliche Anfrage: Quellensteuerabzug bei digitalen Dienstleistungen

Unternehmen, die Werbeanzeigen auf Webseiten von Suchmaschinen oder von sozialen Netzwerken schalten, sind seit diesem Jahr im Zuge von Betriebsprüfungsanordnungen mit Forderungen im Rahmen des sog. Quellensteuerabzuges (gem. §49 Abs.1 Nr.9 i.V.m. §50a Abs.1 Nr.3 Einkommensteuergesetz – EStG) konfrontiert. Diese Forderungen werden teilweise rückwirkend bis ins Jahr 2012 gestellt. Laut unterschiedlichen Meldungen erfolgte dies erstmalig durch bayerische Finanzämter, ohne vorherige Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene (Quelle: https://www.wiwo.de/politik/deutschland/digitalsteuer-bundesfinanzministerium-plant-15-prozentige-quellensteuer-auf-onlinewerbung/23989650.html). In der Plenarsitzung des Landtags vom 21.02.2019 (Tagesordnungspunkt 3) erklärte der Staatsminister der Finanzen und für Heimat Albert Füracker, dass die bayerischen Finanzämter die Anweisung erhalten haben, entsprechende Fälle offen zu halten.

Ich frage die Staatsregierung:
1.1 In wie vielen Fällen haben bayerische Finanzämter bisher Betriebsprüfungsberichte erstellt, in denen eine derartige Quellensteuerabzugsverpflichtung vorliegt?
1.2 Wird diese Auslegung des Einkommensteuergesetzes sowie die damit verbundene Quellensteuererhebung in allen bayerischen Finanzämtern einheitlich angewendet?
1.3 Wie viele solcher Fälle werden aktuell offen gehalten?
2.1 Wie hoch ist jeweils die niedrigste und die höchste Summe an Forderungen an ein einzelnes Unternehmen, exkl. Rückforderungen aus vergangenen Jahren?
2.2 Wie hoch ist jeweils die niedrigste und die höchste Summe an Forderungen an ein einzelnes Unternehmen, inkl. Rückforderungen aus vergangenen Jahren?
3.1 Welche Anstrengungen unternimmt die Staatsregierung, um sich auf Bundesebene für ein einheitliches Vorgehen zu verständigen?
3.2 In welchem Umfang findet eine Zusammenarbeit mit den Finanzverwaltungen der anderen Bundesländer in dieser Frage statt?

Zur Rechtsfrage, ob nach geltendem Recht für inländische Werbetreibende eine Pflicht zum Quellensteuereinbehalt i. H. v. ca. 15 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag) besteht, sofern der Webseitenportalbetreiber im Ausland ansässig ist, gab es bisher keine bundeseinheitliche Auffassung. Aus diesem Grund hatte das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (StMFH) im Februar 2019 darauf gedrängt, möglichst schnell Klarheit auf Bundesebene zu schaffen, um eine einheitliche Rechtsanwendung der Steuerverwaltung für alle Jahre und in ganz Deutschland zu gewährleisten. Eine bundeseinheitliche Abstimmung war auch deshalb zwingend erforderlich, da für Zeiträume ab 2014 nicht mehr die Finanzbehörden der Länder für den Quellensteuerabzug
zuständig sind, sondern das Bundeszentralamt für Steuern.

Um sicherzustellen, dass die Werbetreibenden bis zu Klärung der Frage auf BundLänder-Ebene nicht steuerlich belastet werden, waren alle bayerischen Finanzämter bereits angewiesen worden, die betroffenen Fälle offen zu halten. Bei den Gesprächen auf Bund-Länder-Ebene zum Thema „Onlinewerbung“ am 14.03.2019 wurde die mögliche Verpflichtung zu einem Quellensteuereinbehalt für inländische Werbetreibende, sofern der Webseitenportalbetreiber im Ausland ansässig ist, umfassend von Ministeriumsvertretern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert. Dabei hat sich das StMFH gegen eine Quellensteuerabzugsverpflichtung ausgesprochen. Die Fachbeamten der anderen Ministerien kamen einmütig ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die rechtlichen Voraussetzungen für den Steuerabzug nicht gegeben sind. Damit besteht für deutsche Unternehmen in solchen Fällen keine Verpflichtung zu einem
Quellensteuereinbehalt. Die bayerischen Finanzämter wurden am 14.03.2019 über das Ergebnis der Erörterung auf Bund-Länder-Ebene unterrichtet und angewiesen, die nun vorliegende bundeseinheitliche Rechtauffassung zu beachten und die aufgegriffenen Sachverhalte entsprechend abzuschließen. Am gleichen Tag erfolgte hierzu auch eine Pressemitteilung, um die betroffenen Unternehmen schnellstmöglich über das Ergebnis der Erörterung auf Bund-Länder-Ebene zu informieren.

4.1 Inwiefern beeinflussen die Doppelbesteuerungsabkommen insb. mit Irland und den Vereinigten Staaten von Amerika die potenzielle Quellensteuererhebung?
4.2 Ist davon auszugehen, dass aufgrund des europäischen Firmensitzes von Google in Irland und des mit Irland bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens die Einnahmen aus der beschriebenen Quellenbesteuerung an Irland abgetreten werden müssen?
5. Wie schätzt die Staatsregierung die Rechtssicherheit der Betriebsprüfungsanordnungen mit der o.g. Auslegung von §§49 und 50a Einkommensteuergesetz im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung ein?
6. Mit welchem Verwaltungsaufwand rechnet die Staatsregierung, wenn sich Unternehmen die Quellensteuer beim Bundeszentralamt für Steuern erstatten lassen?
Inländische Unternehmen sind bei Onlinewerbeleistungen gesetzlich nicht zu einem Quellensteuereinbehalt verpflichtet. Damit erfolgt keine Doppelbesteuerung. Ebenso ist insoweit kein Raum für rechtliche Auseinandersetzungen oder Verwaltungsaufwand beim Bundeszentralamt für Steuern durch eine Quellensteuererstattung.

7. Wie bewertet die Staatsregierung die Vorschläge der französischen Regierung zur Einführung einer Digitalsteuer (GAFA-Steuer)?
Die steuerpolitischen Herausforderungen bei der Besteuerung der digitalen Wirtschaft erfordern es, dass ein internationaler Konsens – möglichst im Kreis der G20 bzw. auf OECD-Ebene (OECD = Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) – erzielt wird. Ansonsten entstehen Besteuerungskonflikte, die potenziell auch die deutsche Wirtschaft belasten können. Die Staatsregierung unterstützt daher den gemeinsamen deutsch-französischen Vorschlag zur Einführung einer effektiven Mindestbesteuerung.