Schriftliche Anfrage: Bau eines Mountainbike-Parks mit Hütte am Großen Kornberg im Fichtelgebirge

Am 18.12.2020 befragte ich die Staatsregierung bezüglich des Baus eines Mountainbike-Parks mit Hütte am Großen Kornberg im Fichtelgebirge. Meine Fragen wurden am 28.01.2021 von dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet:

Meine Vorbemerkung:
Der Zweckverband „Naherholungs- und Tourismusgebiet Großer Kornberg“ unter Federführung des Landkreises Hof in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Wunsiedel und den anliegenden Gemeinden im Fichtelgebirge plant im Bereich des 827 m hohen Großen Kornberges im Martin-Lamitzer-Forst Süd die Errichtung eines Mountainbike-Parks mit Gebäude für Gastronomie und Fahrradverleih und eines pädagogischen Bewegungsparks. Der Große Kornberg befindet sich im Landschaftsschutzgebiet Fichtelgebirge. Der Wald am Kornberg gilt ab einer Höhenlinie von 750 m als Schutzwald nach dem Bayerischen Waldgesetz. Außerdem sind große Teile des Berges Trinkwasserschutzgebiet. Das weitestgehend unzerschnittene Waldgebiet des Kornberges ist ein immens wichtiges Bindeglied im Netz der großräumigen Wanderkorridore für die Arten Wildkatze, Luchs und Wolf. Weiterhin liegt vom Landesamt für Umwelt (LfU) eine Empfehlung vor, auch einen Wildtierkorridor für den Rothirsch im Gebiet des Kornberges zu etablieren (vgl. LfU 2008: Konzept zur Erhaltung und Wiederherstellung von bedeutsamen Wildtierkorridoren an Bundesfernstraßen in Bayern).

Vorbemerkung der Staatsregierung:
Am 31. Juli 2019 beantragte der Zweckverband „Naherholungs- und Tourismusgebiet Großer Kornberg“ (nachfolgend: Zweckverband) eine Baugenehmigung für einen interaktiven Mountainbike-Park mit Lernparcours (MTB-Park). Dieser soll auf gemeindefreiem Gebiet errichtet werden, das sowohl zum Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge als auch zum Landkreis Hof gehört.
Am 13. August 2019 gingen die vollständigen Antragsunterlagen beim Landratsamt Wunsiedel i. Fichtelgebirge, der zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde, ein. Danach beteiligte das Landratsamt die betroffenen Behörden und sonstigen Stellen nach Art. 65 Abs. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO). Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Münchberg teilte in diesem Rahmen mit Stellungnahme vom 13. November 2019 mit, dass die Planungen in der vorgelegten Form eine Rodung von Wald im Sinne des Bayerischen Waldgesetzes im Umfang von 18 ha umfassen. Mit Blick auf diesen erheblichen Rodungsumfang und die damit verbundenen Konsequenzen haben entsprechende Ortseinsichten und Gespräche zwischen AELF, Bayerischen Staatsforsten sowie dem beauftragten Büro und Zweckverband stattgefunden. In diesem Rahmen wurde insbesondere die tatsächliche bau- und betriebsbezogene Inanspruchnahme der einzelnen Waldflächen detaillierter ermittelt und darauf aufbauend ein Betriebskonzept entwickelt und vereinbart. Dieses sieht auf weiten Teilen der überplanten Waldflächen auch künftig eine bestimmungsgemäße Waldpflege in Form von Waldschutz, Holzernte, Waldverjüngung und Erhalt von Alt- und Biotopbäumen vor. Aufbauend auf diesem Betriebskonzept reduzierte sich der tatsächliche Rodungsumfang auf etwas mehr als 5,7 ha. Somit ist Nr. 17.2.2 der Anlage1 Spalte 2 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) einschlägig. Das Ergebnis dieser Vorprüfung lag am 28. Februar 2020 vor; die UVP-Pflicht wurde vom Landratsamt Wunsiedel i. Fichtelgebirge bejaht. Der UVP-Bericht wurde am 2. November 2020 vom Zweckverband beim Landratsamt Wunsiedel i. Fichtelgebirge als zuständige untere Bauaufsichtsbehörde eingereicht und am 3. Dezember 2020 durch die Entwürfe von Allgemeinverfügungen der Landratsämter Wunsiedel i. Fichtelgebirge und Hof ergänzt, die gemäß Art. 31 Abs. 1 Bayerisches Naturschutzgesetz ein Wildschongebiet für Wolf, Luchs, Wildkatze, Auerhuhn und Schwarzstorch (störungsreduzierter Schutzraum mit einer Fläche von ca. 1700ha) festlegen.
Der UVP-Bericht bezieht sich u.a. auf eine Unterlage zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP), in der umfangreiche Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen formuliert wurden. Neben der Beurteilung der Umweltauswirkungen im Baubereich des MTB-Parks wurden im Zuge der saP auch betriebsbedingte Auswirkungen auf die relevanten Tierarten im weiteren Umfeld am Kornberg geprüft. Die Prüfung umfasste beispielsweise mögliche Störungen durch Lärm und die gesteigerte Besucherfrequenz. Durch die Allgemeinverfügungen soll diesen Faktoren entgegengewirkt werden. Diese sind Bestandteil des UVP-Berichts, weil Maßnahmen beschrieben werden, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Nr.7 der Anlage 4 UVPG).
In Kraft getreten sind die Allgemeinverfügungen noch nicht. Vielmehr soll Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung die Möglichkeit gegeben werden, zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens (§ 18 Abs. 1 UVPG) etwaige Änderungswünsche vorzubringen.
Am 29. Dezember 2020 wurde die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 18 Abs. 1 UVPG in Verbindung mit Art. 73 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 bis 7 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) durch ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung des (ergänzten) UVP-Berichts eingeleitet.
Die Auslegung erfolgt in insgesamt sechs Gemeinden und zwei Landratsämtern. Von einem Beginn der Auslegungszeit entsprechend der Drei-Wochen-Frist des Art.73 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG kurz vor Weihnachten wurde vom Landratsamt Wunsiedel i. Fichtelgebirge Abstand genommen, um nicht dem Vorwurf ausgeliefert zu sein, die Auslegungsdauer von einem Monat (vgl. Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG) sei bewusst auf eine Zeit mit vielen Feiertagen und damit verbundenen Behördenschließungen gelegt worden.
Gesondert erteilt wurden die Baugenehmigungen für den Neubau des „Kornberghauses“ (Baugenehmigung v. 28. Januar 2020), undden Neubau eines Unterstellgebäudes für die Pistenraupe (Baugenehmigung v. 24.Februar 2020).
Beide Baugenehmigungen sind bestandskräftig.

Ich frage die Staatsregierung:

1.1 Wie konnte die Projektplanung angesichts des bekannten Vorliegens dieser und weiterer zweifelsfrei schützenswerter Wildtierbestände zunächst gänzlich ohne die vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) anlaufen?

Hierzu darf auf die in der Vorbemerkung dargestellte Chronologie sowie die gesetzlichen Vorgaben für die Umweltverträglichkeitsprüfung Bezug genommen werden. Entscheidend ist demzufolge die Einleitung des Baugenehmigungsverfahrens, nicht die Projektplanung.

1.2 Wie rechtfertigt die Staatsregierung die monatelange Verzögerung der nach §18 UVPG i.V.m. §73 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG spätestens drei Wochen nach Zugang zwingend erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung im Anschluss an die nachträglich anberaumte UVP?

Die auszulegenden Unterlagen lagen dem Landratsamt Wunsiedel i. Fichtelgebirge erst am 3. Dezember 2020 vor (s. Vorbemerkung). Die Öffentlichkeitsbete iligung wurde aus den in der Vorbemerkung genannten Gründen erst am 29. Dezember 2020 begonnen. Es lag somit insoweit keine „monatelange Verzögerung“ vor.

1.3 Wie rechtfertigt die Staatsregierung die verbindliche Zusage von RÖFE-Fördermitteln für das Projekt, bevor die verbindliche Öffentlichkeitsbeteiligung der UVP abgeschlossen wurde?

Im Rahmen des Zuwendungsverfahrens zu den Richtlinien zur Förderung von öffentlichen touristischen Infrastruktureinrichtungen (RÖFE) wurden die für den Umwelt- und Naturschutz zuständigen Fachbereiche des Landratsamtes sowie der Regierung von Oberfranken mit eingebunden und wurde auch geprüft, ob die Zuwendung erst nach Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung zu erfolgen hat. Förderrechtlich ist das Vorliegen allertigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen keinerdervoraussetzung. Die Regierung von Oberfranken hat in den Zuwendungsbescheid einen Auszahlungsvorbehalt aufgenommen. Die Auszahlung steht unter dem Vorbehalt, dass die Baugenehmigung für den Mountainbike-Park vorgelegt wird. Die Baugenehmigung kann nur ergehen, wenn das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren entsprechend rechtmäßig abgeschlossen wird. Somit ist sichergestellt, dass keine Fördermittel ohne Vorliegen der nötigen Prüfungen und Genehmigungen ausgezahlt werden.

2.1 Nach welchen Kriterien wurde das Areal für die nachträglich anberaumte UVP ausgewählt?

Ausschlaggebend für die Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht sind die Rodungen. Daher sind die betroffenen Waldbereiche maßgebend für die Festlegung des Untersuchungsgebietes. Als Untersuchungsgebiet wurde ausweislich des UVP-Berichts um die betroffenen Waldflächen zusätzlich ein Puffer im Umfang von 200 m festgelegt.

2.2 Mit welcher Begründung wurden die 14 angeschlossenen Mountainbike-Trails, die angeschlossene Hütte und das als „Ankunftsort“ konzipierte Park- und Informationszentrum in Spielberg von der Prüfung ausgenommen?

Die Mountainbike-Trails wurden ausweislich des UVP-Berichts nicht von der Prüfung ausgenommen. Die Kornberghütte ist ein Ersatzneubau für die zuvor bereits vorhandene Hütte. Das Park- und Informationszentrum befindet sich nicht im Waldbereich und damit nicht im Untersuchungsgebiet der Prüfung. Zum Prüfungsbereich im Übrigen s. die Antwort zu Frage 2.1.

2.3 Wurden in der UVP kumulativ wirkende Vorhaben im Kornberggebiet wie der Ausbau des Kernwegenetzes und der Ausbau der Stromtrasse durch TENNET berücksichtigt?

Das vorhandene Wegenetz soll nach Auskunft des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge nicht ausgebaut, sondern reduziert werden. Das TENNET-Vorhaben liegt im Tal und ist daher nicht Gegenstand einer kumulativen Betrachtung.

3. Mit welcher Begründung wurde angesichts der Inanspruchnahme von EU-Fördermitteln (LEADER) und der Relevanz der vorhandenen Wildtierkorridore als europäische Wiedervernetzungskorridore auf eine grenzüberschreitende strategische Umweltprüfung (SUP) und eine grenzüberschreitende UVP verzichtet?

Eine LEADER-Förderung wurde für den pädagogischen Bewegungspark, das Kornberghaus sowie die Unterstellhalle der Pistenraupe bewilligt. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung war für diese Maßnahme nicht gesetzlich vorgeschrieben, sodass ebenfalls auch eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu erfolgen hatte. Für die Errichtung der Mountainbike-Trails wurde nach Auskunft des Zweckverbands eine LEADER-Förderung nicht beantragt. Zudem wurde im UVP-Bericht festgestellt, dass durch das geplante Vorhaben keine relevanten grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen ausgelöst werden.

4.1 Welche naturschutzfachlichen Ausgleichsmaßnahmen ergeben sich bis dato aus der erfolgten UVP?

Nach Auskunft des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge ergeben sich als naturschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen das Anbringen von Fledermausbrettern am neu errichteten Kornberghaus, die Schaffung eines Wildschutzgebietes für Wolf, Luchs, Wildkatze, Auerhuhn und Schwarzstorch (Allgemeinverfügung zur Regelung des Erholungsverkehrs am Großen Kornberg), die Schaffung und Optimierung von Ausweich- und Ersatzhabitaten für die Zauneidechse, das Anbringen von Nisthilfen für störungsempfindliche baumhöhlenbewohnende Brutvögel, die Schaffung von Höhlen- undHabitatbäumen durch Nutzungsverzicht in den angrenzenden Waldbereichen sowie die Wiederansiedlung von Bärlappgewächsen.
Als waldrechtliche Kompensation ist nach Auskunft des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge eine Erstaufforstung von Auwald und Laubmischwald vorgesehen.

4.2 In welchem Planungshorizont sollen diese umgesetzt werden?

Nach Auskunft des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge sollen die naturschutzfachlichen Ausgleichsmaßnahmen im Jahr 2021 umgesetzt werden.

5. Wie lautete das Ergebnis der nach Nr. I.5.4 der Richtlinien zur Förderung von öffentlichen touristischen Infrastruktureinrichtungen erforderlichen Kosten-Nutzen-Analyse für den Betrieb des Parks?

Die Regierung von Oberfranken hat unter anderem die touristische Bedeutung des Vorhabens mit den Investitions- und Betriebskosten in Relation gesetzt. Dabei wurden die staatlichen Zuschüsse als gerechtfertigt bewertet. Ausschlaggebend war unter anderem die Bedeutung für den Tourismusstandort einschließlich der sich aus der Ansiedlung des Parks für den örtlichen Tourismus ergebenden positiven Synergien.

6.1 Wurde bzw. wird der Bau des angeschlossenen Park- und Informationszentrums in Spielberg ebenfalls vom Zweckverband betreut?

Nach Auskunft des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge sind ein Parkplatz am Ortseingang von Spielberg mit 34 Pkw-Stellplätzen, ein Bus- bzw. Wohnmobilstellplatz sowie ausreichend Fahrradständer vorgesehen. Hierdurch soll insbesondere ein zu hohes Verkehrsaufkommen im Ort Spielberg verhindert werden. Ein darüber hinaus gehendes Park- und Informationszentrum ist nach Kenntnis des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge nicht geplant. Bauherrin des Parkplatzes ist die Stadt Selb, die als Große Kreisstadt für das Baugenehmigungsverfahren zuständig war.
Nach Auskunft des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge wurden über eine zukünftige Nutzung der Flächen durch den Zweckverband noch keine tiefergehenden Verhandlungen geführt, jedoch sind entsprechende Gespräche für das Jahr 2021 geplant.

6.2 Wenn nein, bestehen personelle oder anderweitige Verbindungen?

Personelle oder anderweitige Verbindungen bestehen nach Auskunft des Landratsamts Wunsiedel i. Fichtelgebirge derzeit nicht.